Sonntag, 10. August 2014

Before Midnight

I fucked up my whole life because of the way you sing.


Richard Linklater, 2013 - 6.75/10

Was für eine Enttäuschung, deshalb dauerte es auch so lange, bis ich diese Kritik schreiben konnte. Ich kann die ganzen euphorischen Kritiken nicht verstehen, die man im Netz zum dritten Teil der "Before-Trilogie" finden kann. Vielleicht bin ich auch noch zu jung, um das Ende zu verstehen, aber wenn ich nur die Geschichte betrachte, wirkt das Ende des Films komplett aufgesetzt und die komplette Romantik aus "Before Sunset" ist entfernt worden und mit einem scheinbaren Realismus, bei dem sich Mann und Frau an die Gurgel gehen, ersetzt worden. Es kann natürlich sein, dass eine Beziehung nach neun Jahren solche Ausmaße annehmen kann, aber dass es mit solch einer Heftigkeit dem Parter (und dem Zuschauer) entgegengeschmissen wird, da bin ich ratlos und kann nicht anders als mich zu wundern. Aber vielleicht liege ich auch komplett falsch und an einem anderen Tag gefällt mir der Film, nach dem erstmaligen Sehen bin ich aber nichts anderes als enttäuscht.

Wie bereits erwähnt, Jesse (Ethan Hawke) blieb (wie man sich vielleicht gehofft hat) bei Celine in Paris - und der arme Chaffeur Phillipe wartete warscheinlich fünf Stunden in der Einfahrt. Das Paar hat Zwillinge bekommen und Celine (Julie Delpy) ist dafür wieder nach Paris gezogen - nachdem sie zwei Jahre lang in New York gelebt haben. Der Film begleitet die beiden am letzten Tag ihres Sommerurlaubs in Griechenland. Die Landschaft ist umwerfend schön und alle Beteiligten scheinen viel Spaß zu haben, aber bereits in der ersten Szene, in der Jesse seinen nun dreizehnjährigen Sohn Hank zum Flughafen bringt, merkt man, wie schwer es ihm fällt ihn allein wieder in die USA zu schicken. Jesse scheint nicht zufrieden zu sein, was sich am Ende des Films noch weiter herauskristalisiert (aber dazu später mehr).

Nach der sensationellen Fahrt nach Hause (bzw. ins Sommerdomizil von Jesses Freund aus den USA, der sie alle eingeladen hat), bei der die Dialoge einfach sensationell gut passen und die beiden Mädchen gut in die Handlung eingebaut wurden. Die Interaktion zwischen allen Beteiligten wirkt komplett realistisch, bei der Szene mit dem Apfel musste ich lauthals lachen. Beim Haus angekommen, haben sie eine interessanten Unterhaltung bei sehr lecker aussehendem Essen mit ihren Freunden, die auch alle bemerkenswerte Sachen zum besten geben. Man würde sich am liebsten selbst ein Glas Wein schnappen und zuhören. Die besten zwanzig Minuten des Films.

Danach kommt es zum gewohnten Szenario, das man bereits aus den ersten beiden Teilen kennt: Celine und Jesse wandern durch die Gegend und reden die ganze Zeit. Wieder einmal ist der Dialog zwischen beiden sehr unterhaltsam, denn auch wie beim zweiten Teil haben die beiden Schauspieler mit Linklater das Drehbuch verfasst. Die Konversation verläuft wieder einmal sehr flüssig und wird auch selten langweilig. Zwischendurch besuchen sie eine alte Kapelle und alles scheint auch nach neun Jahren harmonisch zu verlaufen.

Doch als sie von ihrer Runde in einem netten Hotel angekommen sind scheint es, als wäre ein Schalter umgelegt worden und die beiden gehen verbal aufeinander los und konfrotieren sich mit allen Dingen, die ihnen in den letzten Jahren nicht gefallen haben. Sie beschuldigen sich gegenseitig mit Seitensprüngen, ihr Unwohlsein mit der derzeitigen Situation und am Schluss sagt Celine zu Jesse, dass sie ihn nicht mehr liebe. Als Zuschauer sitze ich geschockt vor dem Bildschirm. Was ist da gerade geschehen? Vor allem: Es kam so unvorbereitet. Natürlich ist es spannend zu sehen, wie sie sich gegenseitig anschreien, aber nach all der Romantik, die sich zwischen den beiden in den vorherigen Filmen entwickelt hat, bleibe ich ratlos zurück. Das Ende wirkt da lächerlich: Jesse versucht sie mit schlechten Witzen wieder für sich zu gewinnen. Wieso? Vielleicht haben sie jetzt erkannt, dass es von Anfang an nicht hätte sein sollen.

Die erste Hälfte hat mir gut gefallen und der alte Charme kam wieder zurück. Doch die zweite Hälfte finde ich richtig schlecht, sie kommt zu unvorbereitet und zerstört viel, was vorher in mühevoller Arbeit aufgebaut wurde. Meiner Meinung nach hätte man sich diesen Film sparen können. Die Dialoge erreichen zwar einen neuen Level von Realität, der einen guten Film über eine Beziehung ausmachen muss, doch ist er hier falsch integriert worden. Ich bin sehr enttäuscht, vor allem auch, weil es handwerklich absolut nichts an diesem Teil auszusetzen gibt. Nur die Handlung ist unverständlich und unnötig.

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