Samstag, 7. März 2015

Whiplash




Damien Chazelle, USA 2014 - 9.25/10

Um erfolgreich zu werden, der Beste zu werden, braucht der Schüler einen einflussreichen, fördernden Lehrer. Der Lehrer aus diesem Film wird extreme Methoden anwenden, um nach seinen Worten das letzte aus seinen Schülern herauszukitzeln, denn nichts ist seiner Meinung nach schmerzvoller als erzählt zu bekommen, man habe "gute Arbeit" abgeliefert. Das ist es nicht wonach er strebt und letztlich seine Schüler auch nicht. Denn ein neuer Charlie Parker ist nicht durch das bloße abspielen von Noten entstanden, da gehörte mehr dazu.

Damien Chazelle versucht in seinem erstaunlichen Debüt (!!!) "Whiplash" solch ein Schüler-Lehrer-Verhältnis näher zu beleuchten, was ihm ausgezeichnet gelingt. Trotz einer leichten Vorhersehbarkeit lebt der Film von dessen energiegeladenen Spannung zwischen den beiden Protagonisten, die ich im Kinojahr 2014 so nicht erlebt habe.

Andrew (Miles Teller) will der beste Drummer werden, deshalb ist er neuer Student am Schaeffer-Musikkonservatorium in New York. In der ersten Einstellung des Films sieht man ihn wie manisch auf sein Drum-Kit einschlagen, was Lehrer Fletcher (J.K. Simmons) aufmerksam macht. Nach einem Besuch in Andrew zweitklassigen Collegeband, bei der er bislang nur die Noten für den Stamm-Drummer umblätterte wird er zum Vorspielen in Fletchers "Studio Band" eingeladen, die er mit eiserner Hand führt. Andrew wird in der ersten Einheit vor der gesamten Gruppe zur Schnecke gemacht, was ihm aber den Antrieb verleiht, noch härter zu üben. Doch was sind die Konsequenzen aus seinem Verhalten, wird es sich lohnen?

Die Hauptperson ist ganz klar Andrew, der Zuschauer kann ihm leicht folgen, denn genauso wie für ihn, dürfte dem Zuschauer das Leben in einem Musikkonservatorium nicht vertraut sein. Teller spielt enorm physisch, sein echtes Blut ist großteils zu sehen, ein bravouröser Auftritt, der ihn zu einem der aufregendsten Jungschauspieler der USA verholfen haben dürfte.

Der Star dieses Films allerdings ist der Schauspiel-Veteran J.K. Simmons, den ihr am ehesten als den Vater von "Juno" oder den Chefredakteur von Peter Parker, Jonah Jameson aus den ersten drei "Spiderman"-Filmen bekannt sein sollte. Simmons' Fletcher ist eine angst einflößende Gestalt, die jeden Moment explodieren kann und wird, hinterfragt man seine Methoden auch nur ein einziges mal. Von der ersten Sekunde an dominiert Simmons mit seiner impulsiven Aura das Geschehen und ohne ihn hätte der Film niemals solch eine Atmosphäre der Panik, Explosivität und Anspannung erreicht, der diesen Film erst so herausragend macht. Schaut euch nur diese Szene hier aus dem Kurzfilm an - denn "Whiplash" wurde mangels Sponsoren erst auf dem Sundance Film-Festival als Kurzfilm veröffentlicht - und ihr werdet verstehen, wieso Simmons mit dem Oscar ausgezeichnet wurde.

Chazelle hat es geschafft, dass mir selbst Jazzmusik nichts ausmacht. Allein dafür gibt es meinerseits ein großes Lob. Denn bedenkt man, mit was für einen Aufwand solche eine Musik erzeugt wird, dann kann man den Musikern nur Respekt zollen. Der Schnitt des Films hat völlig zur Recht den Oscar erhalten, was allein in den letzten zehn Minuten passiert, ist diese Auszeichnung allein wert, ich werde natürlich nicht näher ins Detail gehen - der Oscar für den besten Ton-Schnitt ist ebenso verständlich, denn ein solch großes Orchester akkurat tonal darzustellen ist eine herausragende Leistung, die honoriert werden muss.

Ich bin gespannt, welche Projekte Chazelle als nächste in Angriff nehmen wird, ich werde sie mir hundertprozentig ansehen. Simmons hat seinen Höhepunkt nach jahrelanger Arbeit in Hollywood errreicht und Teller werden wir in Zukunft noch häufig sehen (beispielsweise im nächsten "Fantastic Four"-Film). Dieser Film ist aufregend, elektrisierend und selbst Leute, die bislang noch nie etwas mit Jazz anfangen konnten, sind hier genau richtig. Allerdings sollte man nicht bei einem Date diesen Film schauen, denn romantisch ist das einzige Attribut, das ich diesem Film nicht zuschreiben kann - er ist ein wildes Biest, das den Zuschauer fertig machen kann wie Andrew im Verlauf der Handlung. Wer sich drauf einlässt, wird belohnt.

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