Sonntag, 5. Oktober 2014

Wie ein Film endet, Teil 3

Nach all den schönen und offenen Enden von Filmen, die ich in zwei vorherigen Specials näher beleuchtet habe, wird dieser Teil sehr viel unangenehmer, aber da müsst ihr jetzt durch. Denn manche Filme bauen so einen Spannungsbogen auf und kommen letztlich zu dem Entschluss, dass eben nicht alles in gewohnter Disney-Manier glücklich enden kann. Ich muss ehrlich gestehen, dass bei drei von fünf dieser Filme bei mir enorm viele Tränen geflossen, denn sie haben so einen emotionalen "Punch" hinterlassen, dass man gar nicht anders kann, als seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Alternativ wäre die Möglichkeit dagewesen gegen eine Wand oder ähnliches zu schlagen, unbewusst entschied sich mein Kopf aber für Variante A. Viel Spaß beim lesen und wie immer gilt:

VORSICHT SPOILER!!!

Heute werden besprochen: 
Brokeback Mountain (Ang Lee, 2005)
Abbitte (Atonement, Joe Wright, 2007) 
Bright Star (Jane Campion, 2009)
Sieben (Se7en, David Fincher, 1995) 
Blair Witch Project (Daniel Myrick, Eduardo Sanchez, 1999)

Teil 3: Das schlechte Ende

Den größten emotionalen Punch hat bei mir das sensationelle Neo-Western-Drama Brokeback Mountain von Ang Lee hinterlassen. Es spielt in den 1960er Jahren im US-Bundesstaat Wyoming, ein extrem ländlicher Abschnitt der USA, sowohl was die Natur, als auch die Einstellung dessen Bewohner betrifft. Denn der Hass gegenüber Homosexuellen war damals noch ausgeprägter, als man ihn heutzutage noch teilweise erlebt, was die beiden Helden des Films schmerzlich selbst erleben müssen. Ennis del Mar (Heath Ledger in seiner besten Rolle) und Jack Twist (Jake Gyllenhaal) hüten zusammen einen Sommer lang Schafe in den Weiten Wyomings. Sie verlieben sich dort ineinander, weil sie danach aber wieder zu ihren Familien müssen uns sie laut eigener Aussage "nicht schwul" seien, ist es nur ein kurzes Abenteuer. Die beiden gründen Familien, werden Väter, aber so richtig lieben können sie ihre Frauen nicht.
Sie treffen sich geheim im Verlauf der kommenden Jahre, aber zusammen sein können, das ist nicht möglich. Sowohl die Angst, aufzufliegen und von der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden, hindert sie daran und der Hass war so groß, dass viele homosexuelle Männer auf offener Straße umgebracht wurden. So ist es letztlich bei Jack, der erschlagen aufgefunden wird, als er von einer Reise aus Mexiko heimkommt. Ennis erfährt es sehr viel später und in der letzten Szene besucht er Jacks Geburtsthaus, wo dessen Eltern noch leben. Er hat Ennis' Hemd aufbewahrt von ihrem einzigen, gemeinsamen Sommer zusammen. Ein extrem tragisches Ende zu einem der wichtigsten Liebesfilmen aller Zeiten.

Ebenso tragisch geht es in Joe Wrights Adaption von Ian McEwen's Klassiker Abbitte zu. In England vor dem zweiten Weltkrieg verlieben sich die adelige Cecilia (Keira Knightley) und deren Angestellter Robbie (James McAvoy) ineinander. Als aber Cecilias Schwester Briony (Saoirse Ronan) die beiden beim Sex in der Bibliothek erwischt, denkt diese dass Robbie Cecilia vergewaltigt hätte. Wenig später wird tatsächlich ein junges Mädchen auf dem Gelände um das Anwesen vergewaltigt, das Mädchen kannte den Täter allerdings nicht. Briony hegt nun den - fälschlichen - Verdacht, dass Robbie auch sie vergewaltigt hätte, er also ein Triebtäter sei. Dies berichtet sie alles der Polizei, die Robbie daraufhin festnimmt - das schöne Leben, das er sich mit Cecilia vorgestellt hatte, ist vorbei, bevor es erst angefangen hat. Um dem Gefängnis zu entkommen, tritt Robbie der englischen Armee im Zweiten Weltkrieg bei und wird an der Front in der Normandie stationiert.
Was diesen Film so besonders macht: Er zeigt eine erdachte Realität, die möglich gewesen wäre, wenn Briony damals nicht die vermeintliche Heldin spielen wollte. Die Tragik wird einem erst ganz zum Schluss bewusst und dann trifft es einen um so heftiger. Dem Zuschauer wird nur vorgegaukelt, dass Robbie und Cecilia ein gemeinsames Haus haben und zusammen leben nachdem Robbie aus dem Krieg heimgekehrt ist. Er ist in der Normandie gestorben und Cecilia wurde in einem Tunnel verschüttet, in dem sie Schutz vor Bomben suchte und zack, Film vorbei. Ein Schlag in die Magengrube.

Über Jane Campions Bright Star habe ich vor ein paar Wochen ausführlich geschrieben, nur so viel: Der Dichter John Keats verbringt einen Sommer im Haus der Brawns, bei dem er sich in die Tochter Fanny verliebt. Er ist arm, sie ist gut betucht, doch können sie nicht zusammen sein, er muss das Anwesen verlassen. Kurze Zeit später erkrankt er an eine Lungenentzündung. Da er so hoch talentiert ist, sammeln befreundete Dichterfreunde für einen Kur-Urlaub im italienischen Exil. Die beiden Liebenden müssen sich trennen und leider ist es ihr letzter gemeinsam verbrachter Moment, denn Keats stirbt im Ausland. Ein extrem tragisches Ende, das einen wirklich mitnimmt, denn Brawn und Keats hatten eine enorm große Chemie miteinander, man hätte es ihn wirklich gewünscht, erholt aus Italien zurückzukehren und die Liebe seines Lebens zu heiraten. So endet der Film in Tränen und wer nicht selbst genauso weint, der hat kein Herz.

Kommen wir zu einem schlechten Ende der anderen Art: Im legendären Serienkiller-Thriller (!!) Sieben ("Se7en") von David Fincher sind ein alter (Morgan Freeman) und ein junger Polizist (Brad Pitt) auf der Jagd nach einem Mörder, der seine Morde nach den sieben Todsünden plant. John Doe (Kevin Spacey) gelingt sein Plan, er kann der Polizei immer entkommen, bis nur noch zwei Morde ausstehen: Neid und Zorn. Er lotst die beiden Polizisten außerhalb der Stadt, als plötzlich ein Kurier auftaucht, mit einem Paket für den jungen Polizist Mills. Der Zuschauer bekommt nie den Inhalt des Pakets zu sehen (allgemein einer der genialsten Szenen aller Zeiten), doch weiß er was drin ist: Der Kopf seiner Freundin (Gwyneth Paltrow), Doe sei neidisch auf ihn gewesen, also habe er sie töten müssen. In seinem Zorn erschießt Mills John Doe. Das Böse hat gewonnen und der Film endet auf der grausamst möglichen Art und Weise.

Der Independent Horror-Klassiker, der das gesamte Genre des "Found-Footage-Horrors" begründet hat (ob das etwas gutes war, ist äußerst fraglich...), ist Blair Witch Project aus dem Jahr 1999 (Fröhliches 15-jähriges Jubiläum!!). Drei junge Leute gehen in den Wald von Burkittsville, Maryland weil sie dort von einer Legende gehört haben: Fünf Jahre zuvor seien ebenfalls drei junge Leute verschwunden, also müssen sie das selbst einmal untersuchen, die Hexe von Blair soll immer noch ihr Unwesen treiben. Sie campen also in den weiten Wäldern Marylands und plötzlich (ihr habt es erraten) beginnen mysteriöse Dinge zu passieren. Der dokumetarische Stil des Film macht ihn so besonders, 1999 stand das Internet wie wir es heute kennen in seinen Startlöchern und man glaubte, dass dieser Film echt sein könnte. Aber gut, dem ist nicht so. Trotzdem muss ich sagen, das Ende ist wirklich sensationell gut gelungen. Nachdem also erste Vorfälle geschehen, trennt sich die Gruppe in Streit. Josh geht alleine weiter und Heather und Mike sind übrig geblieben. Sie entdecken auf ihrer Suche nach Josh ein verlassenes Haus. In Ego-Perspektive mit Handkamera durchsuchen sie es, als sie plötzlich Schreie aus dem Keller hören, Mike rennt vor. Als Heather ihn erreicht steht er mit dem Gesicht zur Ecke, man sieht die Hexe, Heather schreit, Kamera fällt auf den Boden, Film vorbei. Ein aberwitziges Ende eines ansonsten routinierten, für die Zeit wegweisenden Horrorfilm, der in den kommenden Jahren sehr viele Nachahmer finden sollte. Wer ihn zum ersten mal (aber bitte nur im Original) ansieht, wird genauso wie ich seinen Fernseher ausmachen. Mit solch einem Ende habe ich nicht gerechnet, aber im Nachhinein war es das einzig logische Ende.

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