Samstag, 18. Januar 2014

Barbara

Sie sollten sich nicht so separieren


Christian Petzold, 2012 - 9.5/10

Ich nehme es gleich vorweg: Für mich ist "Barbara" der beste deutsche Film seit Jahren. Was Christian Petzold mit diesem Werk gelungen ist, ist das, woran so viele Regisseure vorher gescheitert sind: Ein glaubwürdiges Bild der DDR zu schaffen. 

Die Handlung spielt 1980 in der ostdeutschen Provinz, genauer gesagt im Ort Torgau an der Ostseeküste. Dorthin wurde die Berliner Ärztin Barbara Wolf (Nina Hoss) strafversetzt, nachdem sie einen Ausreiseantrag gestellt hatte und inhaftiert wurde. Ihre neue Stelle befindet sich in der Kinderchirurgie des örtlichen Krankenhauses, die vom Arzt André Reiser (Ronald Zehrfeld) geleitet wird. Er findet schnell Interesse an der Neuen, fährt sie nach der ersten Schicht bereits in seinem Wagen nach Hause, wo Barbara überrascht feststellen muss, dass sie gar nicht nach ihrer Adresse gefragt wird. André scheint einiges über sie zu wissen. Die Tags drauf stattfindende Ankunft einer jungen, verstörten Patientin entpuppt sich als Gelegenheit, in der 
Barbaras Kompetenz dargestellt wird und er immer mehr Gefallen an ihr findet.

Als Barbara wenig später unangemeldet spät zu ihrer Wohnung zurückkehrt, wird sie von Stasi Mitarbeitern auf gründlichste Art und Weise durchsucht, was ihr verständlicherweise aufs äußerste missfällt. Die Ankunft ihres Liebhabers aus dem Westen macht die Situation nicht leichter und droht sich zuzuspitzen.

Den Film durchströmt eine unheimliche Spannung, die bisweilen ins bedrohliche übergeht. Die Stasi hat überall ihre Finger im Spiel, nie ist Barbara sicher, sie  muss jeden Schritt überdenken, den sie tut. Es ist diese Atmosphäre, die den Film so besonders macht, da wird selbst eine gewöhnliche Bahnfahrt zum elektrisierenden Kammerspiel. Besonders gefällt mir auch, dass die Landschaft eben nicht nur grau trist dargestellt wird. Die Farbe blättern zwar an den sensationell nachempfundenen Bauten ab, doch ist sie da und stellt dadurch einen gern gesehen Kontrast  zu den grauen Plattenbauten dar. Hoss liefert eine (fast schon erwartbare - sie spielte schließlich in mehreren Filmen von Petzold die Hauptrolle) sensationelle Leistung ab als Neuling, der sich anpassen muss, aber dabei ihre eigene Identität nicht leugnet. Vor allem aber Ronald Zehrfeld spielt ganz herrlich.  Er ist einer meiner liebsten deutschen Schauspieler (aus der grafschen Miniserie "Im Angesicht des Verbrechens" und dem unterschätzten TV-Krimi "Das unsichtbare Mädchen" bekannt) und beweist hier mit stiller Wucht, was für Arbeit er abliefern kann.

Wenn ihr etwas über die DDR erfahren wollt, aber von der bunten "och war doch schön hier"-Mentalität genug habt, dann seid ihr hier bei diesem sensationelle Film richtig.


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