Dienstag, 5. Mai 2015

Enemy




Denis Villeneuve, CAN 2013 - 8.75/10

"Der Doppelgänger", so heißt der Roman vom portugiesischem Literaturnobelpreisgewinner José Saramago, auf dem dieser Film basiert. Eine bekannte und häufig verwendete Ausgangssituation, die hier im kanadischen Toronto angewandt wird. Denis Villeneuve (dessen "Prisoners" ich bereits für sensationell empfand) schafft es, solch ein scheinbar abgenutztes Thema in unglaublich atmosphärische Bilder zu packen. Eine vertrackte Handlung und dazu noch sehr gute schauspielerische Leistungen von Jake Gyllenhaal in einer - ihr habt es erraten!! - Doppelrolle und den beiden (sexy) Nebendarstellerinnen Mélanie Laurent (Shosanna aus "Inglourious Basterds") und Sarah Gadon ("Dracula Untold").

Adam Bell (Gyllenhaal) ist ein unauffälliger Geschichts-Dozent an einer Universität in Toronto. Sein Leben scheint recht eintönig zu verlaufen, er verbringt den Abend mit seiner Freundin Mary (Laurent), bis er von einem Arbeitskollegen auf einen Film aufmerksam gemacht wird, den er sich auch prompt ansieht. Er bleibt gebannt an einer Szene hängen: Dort sieht er sich... aber das kann ja gar nicht sein. Oder doch?


In den Credits findet er einen Namen, über den er im Internet weiter nachforscht: Anthony Claire. Er findet noch weitere Filme und tatsächlich, es ist dieselbe Person, unmöglich. Adam wird immer verwirrter, als er Anthonys Nummer erhält und diese wählt, hat er eine Frau am Apparat, die ihn sofort für Anthony hält. Kurz darauf sieht der Zuschauer Anthony zum ersten mal...

Ein hochklassiges und immens spannendes Verwirrspiel entwickelt sich, das nie seinen Fuß vom Gaspedal nimmt, keine einzige Sekunde ist unspannend, das Erzähltempo ist perfekt gewählt worden. Viele surreale Elemente sind scheinbar wahllos in den Film integriert, die aber jetzt näher zu erläutern, würde viel von den Überraschungsmomenten wegnehmen, von denen dieser Film viele zu bieten hat.

Bevor ich zu einem abschließendem Urteil gelange, muss ich ein Wort über das Ende verlieren. Ich habe in meinem Leben vielleicht um die 500 Filme gesehen, aber das hier war das überraschendste, weil unerwartetste Ende aller Zeiten. Das lasse ich mal so stehen und kann nur sagen: Ihr werdet mit heruntergeklappter Kinnlade vor dem Bildschirm sitzen, oder wie ich einfach nur lachen, weil der Verstand nicht mit solch einer Szene rechnet. Ich weiß natürlich, dass die Szene mit einer Symbolik im Hinterkopf gefilmt wurde, aber dass dann solch eine Szene dabei entstehen könnte, war nicht zu erwarten gewesen.



Denis Villeneuve schafft es einen enorm faszinierenden Blick auf ein scheinbar bekanntes Thema zu werfen: Der unbekannte Doppelgänger. Jake Gyllenhaal bietet nach "Nightcrawler" eine weitere sensationelle Performance, er zählt meiner Meinung nach zu den interessantesten Schauspielern, die momentan aktiv sind. War seine Rolle in Villeneuves "Prisoners" eher im Hintergrund angesiedelt, dort spielten unterdrückte Emotionen und nicht genannte Storylines eine wichtige Rolle (da hätte man noch mehr raus machen können), kann er hier die ganze Palette an eindrucksvollen Szenen bieten. Ich würde den Film mit Sicherheit nach mehrmaligem sehen noch höher bewerten, so bleibt es bislang bei der sehr guten 8.75/10.

Als Kirsche auf diesem faszinierenden, verstörenden Werk, dessen Bilder in jeder Szene mit einem dunklen Schleier überzogen wurde, der die Szenerie noch bedrohlicher macht, dient das Ende, was mich persönlich komplett aus der Bahn geworfen hat und es bei euch genauso machen wird. Macht euch auf etwas gefasst.


Der Song aus der Überschrift ist "Weird Fishes / Arpeggi" von den Giganten RADIOHEAD vom letzten Großwerk "In Rainbows". Wie immer gilt: Link anklicken, Musik aufdrehen und dabei die Kritik lesen. Viel Vergnügen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Dieses Blog durchsuchen