Mittwoch, 21. Januar 2015

TV: House of Cards, Season 1

"Ich habe vor vielen Dingen Hochachtung, aber Regeln gehören nicht dazu", oder: Alles, was Sie jede über amerikanische Politiker wissen wollten und nicht zu fragen wagten


David Fincher und andere, USA 2013 - 9.5/10 (13 Folgen)

Willkommen in Washington und der Welt des Francis Underwood (Kevin Spacey), dem Chef der Demokraten. Zu Beginn der Serie wird ein neuer Präsident (Michael Gill) gewählt, ebenso Demokrat und Frank rechnet sich große Chancen aus, Außenminister zu werden. Aber nichts da, das wäre auch zu einfach gewesen. Von der Beraterin des Präsidentin, Linda Vasquez (Sakina Jaffrey), kriegt er die schlechte Nachricht. Stattdessen soll er das Bildungsressort übernehmen. Angesäuert muss Frank diese Niederlage hinnehmen und sinnt schon darauf, es allen heimzuzahlen. Denn das ist sein Charakter, der immer wieder an den Vorschein tritt. Denn um Erfolg zu haben, kennt er keine Grenzen.

Franks Frau Claire (Robin Wright) unterstützt ihn dabei. Sie selbst ist Chefin der wohltätigen Organisation "Clean Water Foundation", die sich weltweit für den Bau von Brunnen einsetzt. Gemeinsam können sie so nicht nur gutes tun, sondern auch Spenden in Franks Kriegskasse spülen. Dies ist allerdings nur einer der zahllosen Nebenhandlungen, die ich hier gar nicht alle ansprechen kann, nur noch auf zwei besonders aufmerksam machen. Fast alle sind meiner Meinung nach gut gelungen, nur die mit Rachel hätte man kürzen können.

Zum einen ist da die Story des Abgeordneten Peter Russo (Corey Stoll, der sensationell spielt), einem Alkoholiker, der kein Rückgrat besitzt, dafür sich aber ganz hervorragend von Underwood lenken lassen kann. Er soll neuer Gouverneur Pennsylvanias werden und Franks Team unterstützt ihn dabei.
Franks Mann für's Grobe, Doug Stamper (Michael Kelly), unterstützt ihn dabei ohne Fragen. auch wenn es haarig wird, denn die gesamte Situation spitzt sich zum Ende der Staffel dramatisch zu, worauf ich natürlich nicht näher drauf eingehen werde, ihr müsst es schon selbst sehen, was sich ohne Frage lohnt. Die Serie entwickelt einen unbeschreiblichen Sucht-Faktor, den man kaum entgehen kann.


Auf der anderen Seite ist da eine junge Reporterin beim Washington Herald namens Zoe Barnes (Kate Mara). Sie ist ein unscheinbares Nichts, die versucht, an gute Aufträge zu kommen. Durch Zufall ist sie eines Abends in der Oper. Der Abgeordnete Underwood ist auch da, als Zoe den Raum betritt und Frank ihr dabei auf den Hintern schaut. BLITZ, dieser Moment ist auf dem Smartphone festgehalten. Kurz entschlossen stattet Zoe dem Abgeordneten bei sich zu Hause einen Besuch ab. Nach anfänglichem Zögern empfängt er sie und um dem Skandal zu entgehen machen die beiden einen Deal: Frank versorgt Zoe von nun an mit internen Information aus höchsten Kreisen. Beide profitieren davon. Zoe wird von jetzt auf gleich Star-Reporterin und er kann die undichten Stellen im Kapitol auf diverse Schultern verteilen, was ihm neue Macht verleiht.

Technisch ist die Serie über alle Zweifel erhaben. Es wurde sehr viel in Baltimore und dem Bundesstaat Maryland gedreht, aber der Eindruck des echten Weißen Hauses wird perfekt aufgebaut. Dazu gehören neben den Kulissen auch die passende Kleidung und der ganzen Umgang der Politiker untereinander, welcher immer spannend dargestellt wird und sei es nur bei Streitereien zwischen Demokraten und Republikanern. Wenn Frank seine Finger im Spiel hat, dann ist niemand sicher und die Sehgewohnheiten des Zuschauers werden in Frage gestellt. Die Scripts sind brillant, mit Wendungen an allen Ecken und Enden.

Der Fakt, dass der legendäre David Fincher am Projekt beteiligt ist, lässt die Serie automatisch in einem hellen Licht erstrahlen und macht sie für Film-Fans interessant. Fincher hat nur bei den ersten Folgen Regie geführt, aber seine Handschrift lässt sich in jeder Folge wiedererkennen. Die kühle Art, wie alles gefilmt wird, die Weitwinkelaufnahmen und ebenso die extreme Nähe in manchen Szenen. Ein Genuss für den Zuschauer, genau wie die Performance des zweifachen Oscar-Gewinners Kevin Spacey. Es macht ihm eine wahre Freude, Frank Underwood zum Leben zu erwecken.

Solche Politiker wird es mit Sicherheit überall geben, aber die politische Welt aus der Sicht Underwoods zu sehen ist faszinierend und auf eine unheimliche Art enorm unterhaltsam. Der besondere Clou ist, dass die Serie in jeder Folge die vierte Wand bricht, das heißt, dass Frank direkt in die Kamera blickt, also in die Augen der Zuschauer und diese an seine eigenen Gedanken teilhaben lässt, oder Aktionen seiner Kontrahenten sarkastisch kommentiert.

Wer eine intelligente, dabei aber enorm unterhaltsame Serie sehen möchte, der ist hier genau richtig. Ein gewissen Vorwissen über die amerikanische Politik wäre wünschenswert, aber auch ohne, kann man die erste Staffel fast problemlos genießen.


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