Sonntag, 2. November 2014

Zodiac - Die Spur des Killers

I need to know who he is. I need to stand there, I need to look him in the eye and I need to know that it's him.


David Fincher, USA 2007 - 9.5/10

Dieser Film macht mir Angst. Ich habe mit der Hauptfigur so dermaßen mitgefühlt, wie ich es bislang sehr selten, eigentlich nie zuvor gemacht habe. Die Figuren im Film hat es alle echt gegeben, der Zuschauer folgt dem Karikaturisten Robert Greysmith (Jake Gyllenhaal) vom Jahr 1968 an, wie er von den "Zodiac"-Morden erfährt und immer weiter in der Geschichte verstrickt wird und sie versucht zu lösen. Er wird dadurch schon fast manisch und vergisst nicht nur seine eigene Familie, um auf die Spur des Killers (see what I did there?) zu kommen. Weil er eben kein Polizist ist, kann der Zuschauer hier viel besser mit ihm sympathisieren. Er ist einfach ein ganz gewöhnlicher Jedermann, der Spaß an Rätseln hat und eigentlich nur durch Zufall in die Mordermittlungen verstrickt wird.

Dass diese Geschichte so einen riesig langen Zeitraum beanspruchen sollte, war zu Beginn des Films absolut nicht abzusehen. Letztendlich werden gut und gerne fast 25 Jahre Ermittlungen gezeigt, so schwierig war es den Täter ausfindig zu machen. Wie diese Ermittlungen allerdings präsentiert werden, ist sensationelles Kino, das zwar viel Geduld des Zuschauers bedarf, wenn diese aber vorhanden ist, um so größer zurückgezahlt wird. Es ist mit über zweieinhalb Stunden Laufzeit ein wahrer Brocken von einem Film, aber wenn man den Aufwand, technische Raffinesse und dabei auch die dynamische, mitreißende Handlung bedenkt, lohnt es sich ungemein in dieses Werk von Fincher einzusteigen.

1968: Die Redaktion des San Francisco Chronicle erhält ein Bekennerschreiben des sogenannten "Zodiac-Mörders", der auch gleich noch einen verschlüsselten Brief anhängt, der doch bitteschön gleich mal auf die Titelseite abgedruckt werden soll, ansonsten begehe er einen weiteren Mord. Star-Reporter Paul Avery (Robert Downey Jr. - leider zu kurz zu sehen, aber unfassbar witzig "I've been thinking" - "Oh god, save us all."), ist an dem Fall dran und auch der bereits erwähnte Graysmith wird mit in die Sache gezogen, als er kurzentschlossen das Rätsel löst. Dies beeindruckt auch den stets adrett gekleideten Polizisten Dave Toschi (Mark Ruffalo), der ihn zähneknirschend in die Ermittlungen integriert.

Jahre vergehen, aber "Zodiac" bleibt weiter unentdeckt, obwohl noch weitere Morde geschehen, Briefe erscheinen und er sogar per Telefon zu einer Fernsehsendung zugeschaltet wird. Toschis Partner wechselt seine Dienststelle, Graysmith sollte sich eigentlich freuen, denn er findet eine nette Freundin (die bei ihrem ersten Date gleich mit den Ermittlungen konfrontiert wird), Avery wird gefeuert und mutiert zum Säufer. Aber sie waren schon so nah am Täter dran und Graysmith kann den Fall nicht ruhen lassen...

Dieser Film zeigt eindrucksvoll was passiert, wenn Menschen einer Manie erlegen sind. Natürlich ist es so, dass ein Mörder nach solch schrecklichen Taten gefasst werden muss, aber wie es auch Paul Avery im Film formuliert hat: Es sind weitaus mehr Menschen in Unfällen gestorben, als "Zodiac" Leute umgebracht hat. Also bleibt die Frage: Ist es das alles wert? Graysmith kennt diese Frage nicht, sondern will die Lösung wissen, ohne seine Verluste zu bedenken. Der Zuschauer wird genauso wie er immer tiefer in die Ermittlungen hineingezogen und kann schon eine Lösung erahnen. Das macht diesen Film so unfassbar spannend. Ich kann natürlich nicht näher auf Details eingehen, denn ihr müsst ihn schon selber sehen, aber im letzten Drittel gibt es eine Szene, in der Graysmith allein in einen Keller geht... Ich habe ohne Übertreibung fast die Lehnen meines Kinosessels in Stücke gerissen, so unfassbar spannend war diese Szene.

Technisch ist der Film über alle Zweifel erhaben. Fincher versteht es durch die Wahl seiner Drehorte, der Kulissen und vor allem der 60er/70er/80er-Jahre Ausstattung ein Kalifornien auferstehen zu lassen, das es heutzutage nicht geben kann. Es wurde so viel Wert auf Details gelegt, dass man von diesem Film nur beeindruckt sein kann. Wieso er nicht mit Oscar-Nominierungen überhäuft wurde, kann ich euch auch nicht sagen. Völlig zu Recht gilt er heute als einer der besten Filme von 2000 bis 2009 (meine Top 20 wird mein nächster und 100. Post sein (yeah) !!).

Was mich noch von der Höchstnote abhält, ist trotz der mitreißenden Inszenierung, die Länge des Films. Man muss sich komplett auf Finchers Werk einlassen. Ich brauchte drei Anläufe, bis ich ihn mir zum ersten mal nach meinem Kinobesuch wieder gesehen habe. Aber bedenkt man, mit was für einem Aufwand der Film gedreht wurde, so kann man vom langsamen Beginn absehen und sich einfach nur auf die Details konzentrieren. Allein in der ersten Stunde wird der Zuschauer mit so vielen Fakten bombardiert, dass ihm schwindelig wird. Das große Manko allerdings ist meiner Meinung nach, dass zu viele Handlungsstränge im nichts verlaufen, oder nicht zufriedenstellend abgeschlossen werden (auch hier wieder als Beispiel: Die Szene im Keller...).

Insgesamt aber haben wir es hier mit einem der besten Thriller der letzten 20 Jahre zu tun, der den Zuschauert mit einem unfassbaren Grad an Detailreichtum in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt. Eine Spannung wird aufgebaut, die ich seitdem von keinem Film aus diesem Genre erleben konnte. Kurze, sehr gute Performances von Mark Ruffalo und Robert Downey Jr. runden das sehr gute Bild ab und Jake Gyllenhaal bietet eine tolle Performance. Wer viel Zeit und Geduld mitbringt, wird mit einem der besten Filme David Finchers belohnt.

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