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Samstag, 6. Juni 2015

L.A. Confidential

Hush, hush!



Curtis Hanson, 1997 USA - 10/10

Ladies und Gentlemen, wir haben es hier mit einem GOLD-Standard im Thriller-Genre zu tun. Es ist nicht nur so, dass eine unfassbar vielschichtige Story dem Zuschauer vorgesetzt wird, die man um ehrlich zu sein, erst beim dritten sehen vollständig begreifen kann, es ist vor allem die Atmosphäre, die in Hansons Meisterstück in einem Los Angeles, abseits des American Dreams, erschaffen wurde. Der Film basiert auf der einflussreichen Roman-Vorlage von James Ellroy von 1990, die sich auf den berühmten, tatsächlich geschehenem Night Owl-Mord 1953.

Der Film spielt im Jahre 1953 und verfolgt drei ganz unterschiedliche Polizisten, die alle drei verschiedene Methoden haben, um ihre Arbeit erfolgreich auszuführen. Zunächst ist da Ed Exley (Guy Pearce), der seinem Vater als ehrenhafter Cop nacheifern will und auch vor unpopulären Maßnahmen nicht zurückschreckt, um seine Integrität zu bewahren. Eine dieser Taten ist sein Eingreifen am Abend der Polizei-Weihnachtsfeier, die außer Kontrolle gerät.

Wie jeder weiß, braucht man zu einer ordentlichen Weihnachtsfeier, und sei es die des örtlichen Polizeipräsidiums, eine gute Portion Alkohol. Für die Lieferung ist Wendell "Bud" White (Russel Crowe) zuständig. Im Gegensatz zu Exley ist er eher aus einem groben Holzpflock geschnitzt. Er schlägt gegebenenfalls zu, wenn es die Situation verlangt, was seinem Vorgesetzten Dudley Smith (James Cromwell) natürlich gefällt, denn so ist er in jeder Situation einsetzbar. Aber zurück in den "liquor store", bei dem dieser so harte, stählerne Mann auf eine bildhübsche Frau trifft: Lynn Bracken (Kim Basinger, die für diese Rolle mit dem Oscar wurde), die Bud den Atem raubt und eine sehr interessante Rolle in der Geschichte zu spielen hat.


Der dritte im Bunde ist der Star der Bande: Jack Vincennes (Kevin Spacey) ist neben seiner Tätigkeit im Büro als Berater bei der TV-Show "Badge of Honor" tätig, er ist dementsprechend ein bekannter Mensch in Hollywood und er kostet dies vollends aus. In der ersten Szene des Films lässt er einen Nachwuchsschauspieler hochgehen, der seine Nase in zu viel weißes Puder gesteckt hat. Den Tipp hat er vom Verleger Sid Hudgens vom "Hush-Hush-Magazine", das allerhand Skandale der Schönen und Reichen aus der Traumfabrik ans Tageslicht gefördert hat.

Vincennes ist an jenem Abend der Weihnachtsfeier zugegen, bei der es zu wild zur Sache geht. Es gibt einige Konsequenzen und als Folge dessen müssen die drei angesprochenen Kommissare zusammenarbeiten. Mehre Wochen später werden sie des Nachts zu einem Restaurant in Los Angeles gerufen: Im "Nite Owl" gab es eine Schießerei. Was darauf folgt wird hier nicht weiter beschrieben, nur soviel, dass etliche Personen darin involviert sind, mehrere Polizisten zu Helden aufsteigen und die Drahtzieher weit mehr Macht besitzen, als man es sich vorher gedacht hätte. Und was hat die Edel-Prostituierte Lynn Bracken mit alledem zu tun? Exley, White und Vincennes, bitte übernehmen sie!

Was sich nach einer überaus komplexen Handlung anhört, ist genau diese: Wie bereits im Eröffnungsabschnitt angesprochen, ist dies kein einfach gestrickter Film, sondern einer, der mehrmaliges Sehen belohnt. Dafür sind alle Figuren überaus nuanciert, kein einziger Charakter ist ganz Klischee-beladen (auch wenn man dies oftmals zunächst annehmen möchte). Das macht den besonderen Reiz dieses Neo-Noir Klassikers aus. Es sind die Figuren, die den Film prägen, neben der wendungsreichen Handlung.

Hanson gelingt es eine Ära auferstehen zu lassen. Das Hollywood der 1950er Jahre bietet dafür die ideale Bild- und Spielfläche. Es sind nicht nur die Kostüme, Kulissen und die perfekt gewählte Musik, die einen wie in ein Bilderbuch eintauchen lassen. Der "American Dream", den jeder einzelne Mensch als Konzept vor Augen hat, wird auf den Kopf gestellt, was sich durch die Brutalität der "Nite-Owl"-Morde manifestiert. Drei unterschiedliche Figuren versuchen den Fall zu lösen und dringen in eine Unterwelt ein, die von Korruption, Lügen und Prostitution gekennzeichnet ist und den Zuschauer in seinen Bann zieht.

Ich liebe diesen Film so sehr, weil er in solch einem Ausmaß um einiges vielschichtiger ist, als heutige Standard-Thriller-Kost. Alle, die sich auch nur im entferntesten für das Genre des Polizeifilms interessieren, müssen dieses Meisterwerk sehen. Häufigen "Tatort"-Zuschauern wird ein ganz neues Level dargeboten, das man im Fernsehen so nie sehen kann.

Wäre 1997 nicht solch ein kleiner Film wie "Titanic" in die Kinos gekommen, "LA Confidential" hätte bei den Oscars um einiges mehr abgeräumt. So blieb es leider bei einem Oscar für das beste adaptierte Drehbuch und einem für Kim Basinger, als beste weibliche Nebenrolle. Ich hätte ihn in allen wichtigen Kategorien gewinnen lassen. Ein Meisterstück der Thriller-Kunst, bei dem sich so viele heutige Filme ein großes Stück abschneiden können.



Mittwoch, 1. April 2015

Gegen die Wand




Fatih Akin, GER 2004 - 9.75/10

Ich habe den Film schon häufig erwähnt, jetzt sehe ich es an der Zeit, einen eigenen Post diesem Film zu widmen, dem wichtigsten Deutschen Film der Dekade. Akin erzählt eine epische Geschichte über die Liebe und wie sie Menschen zerstören kann. Dabei eingestreut sind ebenso die Themen "Selbstmord", "Leben als Mensch mit Migrationshintergrund in Deutschland" und "Entscheidungen". Ihr merkt, dies ist ein schwerer Brocken von einem Film, den man auf keinen Fall im Hintergrund laufen lassen kann. Nimmt man sich aber die Geduld, dann erlebt man einen deutschen Film, wie ich ihn mir vorher nie hätte vorstellen können: Solch eine Intensität habe ich selten bei einem Film im allgemeinen gesehen. Der Film nimmt einen brutalen Schnitt zur Hälfte, der das komplette Leben aus der Handlung saugt, eine Stimmung entwickelt, die total hypnotisiert und man seine Augen nicht mehr vom Bildschirm ziehen kann. Wer da nicht in seinem innersten wachgerüttelt wird, der hat nie gefühlt, geschweige denn gefühlt.

Diejenigen, die jetzt immer noch nichts mit diesem Werk anfangen können, dem sei ein weiterer Grund genannt: Die weibliche Hauptrolle wird von Sibel Kekilli verkörpert, den der Großteil aus der Serie "Game of Thrones" kennen sollte, oder auch als Komissarin des Kieler Tatorts.

Sibel (so auch der Name der Figur im Film) trifft in einem Hamburger Krankenhaus auf Cahit (Birol Ünel), der mit seinem Wagen alkoholisiert gegen die titelgebende Wand gefahren ist. Sibel hat ebenso einen Selbstmorversuch hinter sich. Beide sind mit ihrem Leben unzufrieden. Sibel rebelliert gegen das traditionelle Leben ihrer türkischen Eltern, sie will frei leben. Cahit ist im Grunde ein großer Verlierer, der saufend durch Hamburg zieht und nichts hinbekommt. Diese beiden verlorenen Seelen treffen jetzt aufeinander und die muntere Sibel hat einen für sie sensationellen Plan: Die beiden heiraten, damit ihre Eltern besänftigt sind und sie dann frei leben kann. Cahit stimmt dem Plan zu und die beiden heiraten. In einer wunderbaren Montage sieht der Zuschauer, wie die beiden ihren Hochzeitstag verbringen: Getrennt voneinander mit einem jeweils anderen Partner im Bett. Über die kommenden Wochen allerdings - Sibel zieht in Cahits vergammelte Bude, die sie auf Vordermann bringt - entwickelt sich eine Beziehung zwischen den beiden, die allerdings je zunichte gemacht wird.

Mehr will ich nicht über die Handlung schreiben, was dann aber passiert, gehört zu den mitreißendsten Szenen der letzten zwanzig Jahre. Beide durchleben unglaublich intensive Momente, die schwer für den Zuschauer mit anzusehen sind. Es sind Bilder, die man nie vergessen wird, was sowohl an der Leistung Akins liegt, der eine unerträgliche Bandbreite an Gefühlen zu vermitteln weiß, als auch vor allen an den schauspielerischen Leistungen von Kekilli (in ihrerer ersten großen Rolle) und Ünel, die genauso wie der Film, mit Preisen überhäuft wurden - der Film wurde mit dem goldenen Bären des Berliner Filmfestivals ausgezeichnet.

Dies ist ein harter Film, der garantiert nicht vielen Leuten gefallen wird, wer sich allerdings auf ihn einlässt, der wird umso mehr belohnt mit einem Meisterwerk, dass den Zuschauer durch die Tiefen der menschlichen Emotionalität schleift, ihn dabei zerstört, doch letztlich wieder aufbaut. Ein sensationeller, bemerkenswerter Film.

Dienstag, 3. Februar 2015

Rushmore

I think you just gotta find something that you love to do and do it for the rest of your life. For me it's going to Rushmore. 


Wes Anderson, USA 1998 - 9.75/10

Ich liebe diesen Film und hätte ihm fast die Höchstwertung gegeben, aber die ist nur für die handvoll von außergewöhnlichen Filme vorgesehen, die meiner Meinung nach zu den besten aller Zeiten gehören. Dieser ist aber nichtsdestotrotz einer der witzigsten und gleichzeitig wichtigsten Film der letzten 20 Jahre, hat er doch meinen Lieblings-Regisseur bekannt gemacht: Wes Anderson.

Sehr viele seiner bekannten Stilmittel treten hier zum ersten mal auf, wie die Montage, bei der bestimmte Gegenstände in den Fokus genommen wird. Die Witze sind so clever und überraschend, dass es eine Freude ist, allein dem Dialog zu lauschen und die Schauspieler tuen ihr übriges.

Jason Schwartzmann gibt sein Kino-Debüt, eines der besten aller Zeiten. als Max Fischer, unserem Helden, der im Grunde aber ein arroganter, kleiner Scheißer ist. Aber er ist auch ungemein eloquent und einflussreich, zwei gewinnbringende Eigenschaften, die er immer wieder aufs neuste einsetzt. Denn ein guter Schüler ist Max keineswegs, was der Zuschauer schon in der ersten Szene erfährt, er droht aus der renommierten Privatschule "Rushmore" hinausgeworfen zu werden. Der Erfolgt ist nur im Traum da, in der Realität gibt es Probleme. Selbst ein klärendes Gespräch mit dem Direktor (Brian Cox) scheint eine Lösung zu bringen, wo gerade noch zwei interessante Leute in Max' Leben treten.

Zum einen ist es die neue Grundschullehrerin Miss Cross (Olivia Williams), in die sich Mac umgehend verknallt und ihr zu Ehren ein nautischen Observatorium errichtet (ich meine, warum auch nicht?!), vor allem mit der Hilfe der zweiten interessanten Person: Hermann Blume (Bill "fucking" Murray). Er ist Chef der Blume-Fabrik und ist dadurch selbstverständlich gut situiert und findet in Max einen cleveren jungen Mann, der ihn aus seiner Lethargie bringt - seine beiden vollidiotischen Söhne und seine Ehekrise tuen ihr übriges.

Es läuft nicht alles nach Plan, denn das wäre ein langweiliger Film geworden, und so - ohne viel vorweg zu nehmen - wird Max von der Schule geschmissen und in den Dschungel des staatlichen Schulsystems geworfen und kommt sogar in den Kontakt mit den örtlichen Gesetzeshütern. Die Liebesgeschichte zwischen ihm und Miss Cross läuft ebenso nicht so geschmiert wie erhofft, ganz im Gegenteil: Hermann macht ihr den Hof, was Max zu einem exzellentem Rachefeldzug ziehen lässt.

Ihr merkt: Die Story platzt fast vor unterhaltsamen Momenten und ganz nebenbei gibt es noch legendäre, mit sensationeller Musik unterlegte Montagen, bei denen zum Beispiel die Schul-Clubs gezeigt werden, bei denen Max den Vorsitz führt oder der Gründer ist. Wie aus dem Handgelenk kommen diese Szenen ohne große Vorankündigungen in den wilden Fluss des Films und alles wird noch durch genialen Wortwitz untermauert. Ein Beispiel: Miss Cross bringt zum Missfallen von Max einen Freund zum Abendessen mit (es war von Max' Seite als Date geplant), der ein Krankenpfleger ist und in Arbeitskleidung im Restaurant erscheint, woraufhin Fischer dieses Juwel präsentiert: Zunächst der Krankenpfleger auf die Frage, was er da trägt: "These are O.R. scrubs", Max darauf: "O, R they?" Knaller, Blume kriegt sich - wie die Zuschauer kaum mehr ein. Dies ist natürlich kein über-Schenkelklopfer, wer aber auf feinen Humor steht, der immer wieder durch überraschend wilde Action und Situationskomik durchzogen wird, der ist hier genau richtig.

Wie jeder Film von Wes Anderson, ist auch schon dieser exzellent ausgestattet und musikalisch gestaltet. Man fühlt sich einfach wohl in seiner Welt, die voller kleiner Ideen und Kostbarkeiten steckt, man merkt an jeder Szene, wie viel Mühe in sie gesteckt wurde. Das Herz hinter der Fassade schlägt, der Zuschauer fühlt mit den Figuren mit, vor allem mit Max, der es ja eigentlich gut meint, seine Art ihm aber immer wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Die Szene mit Blume im Aufzug, wo er sich zwei Zigaretten gleichzeitig ansteckt ist hier sinnbildlich: Auf der einen Seite lacht man sich halb schlapp ob der Absurdität der Szene, andererseits tut einem diese Figur leid und man fragt sich, wie es so weit kommen konnte.

Aber die Komik und Genialität Andersons überwiegt und man verlässt den Film nach einem perfekten Ende mit einem extrem breiten Grinsen. Wer erst mit "The Grand Budapest Hotel" auf Wes Anderson aufmerksam geworden ist, muss sich unbedingt dieses Frühwerk (sein zweiter Film nach "Bottle Rocket") ansehen, das zu seinen besten Filmen überhaupt zählt. Meine vollste Empfehlung.

Sonntag, 21. Dezember 2014

TOP 10 Filme 2014




Das Jahr geht zu Ende und wieder einmal ist es an der Zeit für eine meiner Lieblingsaufgaben: Die besten zehn Filme des Jahres werden gekürt. Genauso wie bei meiner Top 10 Liste 2013 muss gesagt werden: Es fehlen so viele Filme, die noch anlaufen werden (Birdman, Wild, Selma, The Imitation Game, The Theory Of Everything, Whiplash, Foxcatcher), oder aber ich habe ein paar bislang noch nicht sehen können (Mr. Turner, Ida, Nightcrawler). Weil es wie gesagt letztes Jahr auch so war, werde ich erst einmal eine überarbeitete Version liefern. Also ohne weitere Vorrede:

Top 10 2013 (Version 2.0)

10. American Hustle

9. The World's End

8. Inside Llewyn Davis

7. The Wolf Of Wall Street

6. Prisoners

5. Gravity

4. The Wind Rises

3. 12 Years A Slave

2. Short Term 12

1. her

Ihr merkt: Es hat sich einiges getan, mit zwei Neueinsteigern beispielsweise, die ich erst dieses Jahr gesehen habe (Wolf und her), aber wegen ihrem Erscheinungsdatum nicht zur diesjährigen Liste dazuzählen konnte. "Short Term 12" kann ich euch nur ans Herz legen, ihr werdet mit Sicherheit noch nie etwas von ihm gehört haben. Die DVD ist vor kurzem in Deutschland erschienen, die Anschaffung lohnt sich, einfach nur sensationell, lest euch meine Kritik durch.

Kommen wir zur eigentlichen Liste:

Platz 10: Drachenzähmen leicht gemacht 2 (Dean DeBlois)


Hier sieht man, wie eine Fortsetzung richtig funktioniert. Alle Figuren sind bereits etabliert und so fällt es ungemein leicht, sich in der Welt von Berk zurecht zu finden. Die neuen Figuren wurden alle mühelos in die Handlung integriert und die Fans kriegen dennoch genug von ihrem Liebling Ohnezahn mit. Der Film nimmt eine angenehme Wendung, die ich so nicht erwartet habe, aber ihn gerade deshalb so viel besser macht, als viele 08/15 Kinder-3D-Filme. Speaking of: Die 3D-Passagen, wie die Flüge auf dem Drachen sind wieder einmal äußerst spektakulär geworden, vor allem sind sie wieder mit der Musik von Sigur Rós Frontmann Jonsí unterlegt.

Platz 9: The Lego Movie (Phil Lord, Christopher Miller)


Meine größte Überraschung des Jahres. Wie bereits in der Kritik angedeutet, habe ich absolut nichts gutes von diesem Film erwartet, quasi ein langer Werbespot für eine LEGO-Bausteine. Aber weit gefehlt, dieser Film macht alles richtig (auch wenn er vielleicht einen Tacken zu lang geraten ist). So viele Gags in so kurzer Zeit ist man sonst nur von "Nackte Kanone"-Klassikern gewohnt und als Sahnehäubchen auf dem Milkshake of awesomeness gibt es in jeder einzelnen Szene enorm viel zu entdecken. Ich habe beispielsweise minutenlang gelacht, als Emmet mit seiner toughen Kollegin Wyldstyle in der Western-Welt ankommt (DIE PFERDE!!!). Die unterhaltsamsten und kurzweiligsten 100 Minuten des Jahres.

Platz 8: Edge of Tomorrow (Doug Liman)



Über diesen Actionkracher habe ich erst vor kurzen geschrieben. Gut, dass ich ihn noch gesehen habe, bevor das Jahr zu Ende ging, denn es wäre mir ein sehr cleverer Film entgangen. Die Formel ist zwar bekannt, nach der er agiert, aber die Art und Weise, wie jedes mal auf neueste in dieselbe Falle getappt wird ist hochspannend mit anzusehen. Blunt und Cruise (der letzte übriggebliebene Actionheld) liefern hervorragende Leistungen in einem Film, der einfach sehr viel Spaß macht.

Platz 7: Interstellar (Christopher Nolan)


Insgeheim hätte ich gehofft, dass dieser Film mich noch etwas mehr mitnimmt und dabei ist er bereits der emotionalste im Nolanschen Film-Kosmos. Die eine Szene, auf die ich natürlich nicht näher eingehen werde, gehört zu den besten, die ich das ganze Jahr sehen durfte und wird mich wahrscheinlich mein Leben lang noch genauso packen. Aber das Ende des Film... ich bin damit nicht zurecht gekommen und meiner Meinung nach macht es viel kaputt, was in mühevoller Kleinarbeit aufgebaut wurde. Nichtsdestotrotz ein technisch überragender Film mit dem omnipräsenten Frontmann Matthew McConaughey, dem MVP 2013/2014 (zb. "True Detective")


Platz 6: Snowpiercer (Bong Joon Ho)


Dieser Film hat eine der faszinierendsten Stories des Jahres und eine nette Variante zum scheinbar Nr.1 Thema Hollywoods: Der Endzeit. Wieder einmal geht es der Erde schlecht, diesmal kommt eine neue Eiszeit. Da die Menschen sonst einfrieren würden, müssen sie sich bewegen, Auftritt "Snowpiercer". Ein Zug, der ununterbrochen um die Welt fährt, mit einer Mikro-Gesellschaft in dessen Abteilen: Die Armen hinten, die Reichen vorne. Es kommt zur Schlacht, welche spektakulär inszeniert wurde und dermaßen atmosphärisch und gleichzeitig phantasievoll präsentiert wird, dass einem als Zuschauer der Atem stockt - vor allem beim Kampf in völliger Dunkelheit. Anders als in meiner ursprünglichen Kritik muss ich sagen, dass mir Chris Evans' performance doch um einiges besser gefällt, als ich es vorher bemerkt habe. Seine stoische Art wirkt auf dem ersten Blick ermüdend, doch dass er sie so überzeugend rüberbringt, das kann nicht jeder. Hut ab!


Platz 5: Guardians of the Galaxy (James Gunn)


Nach letzten Enttäuschungen im Superhelden Genre (Man of Steel und The Dark Knight Rises) hat mir dieser Film wieder den Spaß an bunter Comic-Action zurückgegeben. Dies liegt zuvorderst an den Figuren, die hier die Handlung tragen: Ein Schmuggler, ein grüner Alien, ein Macho-Mann, ein Waschbär und ein sprechender Baum. Wer solch eine interessante und facettenreiche Mannschaft aufstellt, hat fast schon gewonnen und die Handlung ist auch noch einmal gut gelungen. Zwar muss man sich doch etwas in diesem neuen Universum zurecht finden, aber gewöhnt man sich erst einmal an all die schrägen, aber auch immer sympathischen Charaktere. Der beste Blockbuster des Jahres.

Platz 4: Gone Girl (David Fincher)


Wer hat Amy Dunne entführt? Ist es wirklich ihr Hornochse von Ehemann? Oder ist es nicht so einfach wie gedacht? Fragen über Fragen in Finchers Kommentar auf die Ehe nach dem Bestseller von Gillian Flynn, die das Drehbuch schrieb. Wie immer bei Fincher sind alle Szenen extrem durchdacht und stilisiert dargestellt, gewohnt lenkt er den Zuschauer auf falsche Fährten und lenkt sogar dessen Emotionen, so wie es im Grunde kein Film dieses Jahr geschafft hat. Lest bloß keine Kritiken über den Film, bevor ihr ihn euch anseht. Der Effekt, den er auf euch auslösen wird, ist schwer zu beschreiben, es gehört zu einem der interessantesten Momente des Kinojahres.

Platz 3: Under The Skin (Jonathan Glazer)


Diesen Film zu erklären ist im Grunde unmöglich, man muss ihn erleben. Scarlett Johannson liefert die Performance des Jahres als mordende Unbekannte ab, die durch das nächtliche Glasgow fährt, auf der Suche nach neuen Opfern. Mehr will ich gar nicht erzählen und das ist auch gar nicht wichtig, der Film ist ein großer, geheimnisvoller Brocken, der sehr viele Zuschauer abstoßen wird. Diejenigen, die sich aber drauf einlassen, werden mit den eindrucksvollsten Bilder des Jahres belohnt, von Johannsons performance ganz zu schweigen. Lest euch die Kritik durch und macht euch auf etwas gefasst.

Platz 2: Grand Budapest Hotel (Wes Anderson)



Ich liebe alle Filme, die Wes Anderson bislang gemacht hat, seinen neuesten mit eingeschlossen. Er spielt im fiktiven, osteuropäischen Zubrovka, einem Traumland zu Beginn des zwanzigsten Jahrhundert. Ein junger Lobbyboy wird unter die Fittiche des Moussiere genommen, dem Leiter des Grand Budapest Hotel. Es kommt zu einem Todesfall unter den wohlbetuchten alten Damen und der schöne Alltag des galanten Hoteliers gerät aus den Fugen. Mit der Hilfe von Zero versucht er aus seiner misslichen Lage zu entkommen. Der Film war ein Hit unter den Kritikern und es würde mich ausgesprochen freuen, wenn er bei den Oscars für Furore sorgen würde. Ich finde zwar nicht, dass er unter den Top 3 der besten Anderson-Filme fällt (das wären: "Rushmore", "Royal Tenenbaums" und "Moonrise Kingdom"), aber einer der besten Filme 2014 ist er ohne Zweifel. Es gibt so viel zu entdecken in den kunterbunten Sets und die Gags sind weltklasse, meine Freundin und ich haben minutenlang ununterbrochen bei der Gefängnisszene gelacht. Eine riesige Freude, die ich heute noch höher als in der ursprünglichen Kritik werten würde.

Platz 1: Boyhood (Richard Linklater)




Ohne Zweifel der beste Film des Jahres. Linklater ist nicht nur ein technisches Meisterwerk gelungen, 12 years in the making, sonder auch eine zutiefst ans die Substanz gehende Geschichte, die einem das Herz brechen kann. Was mir besonders gut gefällt: Dieser Film zeigt viele aus klassischen Filmen bereits bekannte Szenen eben  NICHT, sondern nur diejenigen, die zählen. So wird beispielsweise Masons Abschluss rausgenommen, kein Werfen der Hüte in die Luft, sondern das sehr viel entscheidendere Treffen der wichtigen Figuren auf der Feier danach bei Masons Mom zu Hause. Ich muss auf die Performance von Patricia Arquette hinweisen, was ich bei der ursprünglichen Kritik nicht getan habe: Sie füllt ihre Rolle mit so viel Leben, Stolz und Anmut, dass es eine Freude ist, ihr dabei zuzusehen. Sie wird ohne Zweifel - wie der Film, Regie, Drehbuch - für den Oscar nominiert werden und das völlig zurecht. Ihre letzte Szene im Film wird mich mein Leben lang fertig machen, vor allem wenn ich einmal selbst Kinder haben werde. Die beste Szene im besten Film des Jahres.


Knapp vorbei an den Top 10: Godzilla, Mockingjay, Hobbit 3


Sonntag, 30. November 2014

Forrest Gump




Robert Zemeckis, USA 1994 - 9.5/10

Kommen wir heute zu einem Film, den ihr alle kennt, der dieses Jahr auch noch Jubiläum feiert. Er stammt aus dem goldenen Jahrgang 1994 (neben "Die Verurteilten", "Pulp Fiction" und "León der Profi") und gewann in dieser Saison die wichtigsten Oscars: Bester Film, Hauptdarsteller, Regie, Drehbuch, Schnitt und Spezialeffekte. (Wieso eigentlich nicht Ausstattung (Sets) und Kamera - hier gewann die Oppulenz in Form von "Legenden der Leidenschaft" und "König George") Wie dem auch sei, viele Kritiker und Filmkenner sind empört darüber, dass dieser Film so viel abgeräumt hat, während das viel wichtigere und einflussreichere Werk - "Pulp Fiction" von Tarantino, welches das 90er-Kino erschaffen hat - leer ausging. Nun, im Nachhinein muss ich den Kritikern Recht geben. Es wäre die weitaus mutigere Wahl gewesen. Dessen Tempo, un-chronologische Struktur, Vulgarität und coole Charaktere waren Stilbildend.

Ein Dilemma dieser Art hatten wir einige Jahre später: Bei den Oscars 2011 gewann in der Kategorie "Bester Film" "The King's Speech" und eben nicht "The Social Network", das so viel einflussreicher war und im Nachhinein als das wichtigste amerikanische Wer der letzten Jahre angesehen wird. Die Academy entschied sich dort für den Crowdpleaser und eben gegen den intelligenten Zeitgeist-Film. Warum "Forrest Gump" aber trotzdem auch heute noch geliebt wird, auch von mir, - meiner Meinung nach ist dies einer der unterhaltsamsten Filme überhaupt -  das werde ich in den kommenden Abschnitten zu erklären.

Der Film beginnt in Forrests (Tom Hanks) Kindheit. Im ländlichen Alabama, genauer gesagt Greenbow, Alabama, wächst er in einem großen Haus bei seiner liebevollen, alleinerziehenden Mutter (Sally Field) auf. Forrest hat einen niedrigen Intelligenzquotienten und deshalb soll er auf eine Sonderschule gehen. Doch seine patente Mutter hat andere Pläne für ihren besonderen Jungen: Mit vollem Einsatz erreicht sie, dass Forrest auf eine reguläre Schule kommt. An seinem ersten Schultag macht keiner seiner Schulkameraden Platz für ihn im Bus, bis auf das Mädchen, das sein Leben verändern sollte: Jenny! (Robin Wright) So durchlebt er sein Schulleben und alle weiteren Jahren, die immer wieder durch Zufälle und scheinbar göttliche Fügungen geleitet werden: So erhält er ein Stipendium an der University of Alabama, weil er eines Tages über sein High School Football-Feld rannte, oder er wird Tischtennis-Weltmeister, weil er nach dem Vietnamkrieg aus Langeweile einen Schläger in die Hand nimmt.

Es sind all diese kleinen Geschichten, die den Film ausmachen. Ein Kritiker sagte einmal, dass ein Film gut ist, wenn er aus interessanten Szenen besteht, und dieses Werk ist voll von solchen. Fast schon zu voll, um ehrlich zu sein. Das Tempo ist teilweise so hoch, dass man schnell die besten Momente verpasst. Dass der Film aus unzähligen Montagen besteht, erhöht noch diesen Eindruck (zum Beispiel bei der Beschreibung des Alltags in Vietnam), hier wäre eine Reduktion auf eine bestimmte Anzahl von Momente besser gewesen, aber das ist meckern auf ganz hohem Niveau, denn es gibt fast jedes mal etwas neues zu entdecken bei Forrests Reise durch die amerikanische Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts.

Ein großer Teil der Szenen wurde durch Archivmaterial ergänzt und durch Spezialeffekte für den Film modelliert: So kann Forrest nach seinem College-Abschluss ohne Probleme die Hand John F. Kennedys schütteln (und ihn fragen, wo die Toilette sei; verständlich nach dessen Dr. Pepper-Konsum). Auch wenn diese Szenen natürlich nicht so ins Auge springen, wie irgendwelche spektakuläre Explosionen, ist es doch erstaunlich, wie mühelos die Filmemacher diese Szenen zum Leben erwecken können.

Wie bereits erwähnt, wurden zu viele Figuren, Szenen und Ereignisse in diesen Film gequetscht. Aber diese Figuren sind alle so gestaltet, dass sie einem ans Herz wachsen. Neben Forrest, dessen Mutter und Jenny, sind es zwei Männer, die Forrest beim Militär trifft, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wie zu Beginn des Films steigt Forrest wieder in einem Bus, der ihn aber diesmal nicht zur Schule, sondern zur Kaserne bringt. Wieder einmal will keiner ihm Platz machen, nur einer bietet sich an. Der schwarze Benjamin Blue (Mykelti Williamson), den alle nur "Bubba" nennen. Er wird zu Forrests "bestest friend", mit dem die Zeit in Vietnam sehr viel erträglicher liegt. Das liegt auch an Lt. Dan (Gary Sinise, zu Recht für den Oscar nominiert), dem cleveren Chef der Truppe, der, wenn es schlecht laufen sollte im Einsatz, wie seine Vorväter auf dem Schlachtfeld sein Leben lassen wollte. Das wird etwas anders kommen, aber das wird nicht weiter verraten.

Es gibt aber nicht nur lustige Szenen, was eine der großen Stärken des Films ist, der Zuschauer wird auf eine Reise mitgenommen, die Höhen und Tiefen hat, für jede einzelne Figur. SPOILER!! Es gibt eine der emotionalsten Szenen aller Zeiten, ich bin jedesmal absolut fertig, wenn sie kommt. Aber Öffnen auf eigene Gefahr, wer den Film nach zwanzig Jahren noch nie gesehen haben sollte, der klicke natürlich nicht auf diesen Link.

Die Schauspieler liefert sehr gute Performances. Natürlich sei Tom Hanks an erster Stelle zu nennen, der hier im zweiten Jahr in Folge den Oscar als beste männliche Hauptrolle abräumte (nach "Philadelphia" 1993). Er ist der etwas minderbemittelte amerikanische Jedermann, den jeder ins Herz schließen kann. Eine der ikonischen Rollen der 90er Jahre. Sally Field und Robin Wright hätten meiner Meinung nach ebenso für Oscars nominiert werden müssen. Beide spielen ihre Rollen überragend, auch wenn ich mit der Figur der Jenny so meine Probleme habe, aber das werdet ihr schon selbst sehen. Einige ihrer Entscheidungen kann ich - genauso wie Forrest - nur schwer begreifen, aber das macht auch diesen Film aus: Er wählt häufig nicht den einfachsten Weg, was ja auch sonst viel zu langweilig wäre.

"Forrest Gump" ist ein zeitloser Film, der einen hochinteressanten Ausschnitt der amerikanischen Geschichte des zwanzigsten Jahrhundert zeigt. Der Film gehört zu den unterhaltsamsten, die ich kennen und kann unzählige male angesehen werden, er wird nicht langweilig, was an der Vielzahl der Orte, Figuren und sowohl lustigen, als auch enorm traurigen Szenen liegt. Dieser Film ist die sprichwörtliche Pralinenschachtel: Für jeden (und jede Emotion) ist etwas dabei. Meine vollste Empfehlung, vor allem in dieser kalten Jahreszeit.

Sonntag, 23. November 2014

The Fountain



Darren Aronofsky, USA 2006 - 9.75/10

Nachdem ich nun schon in zwei Artikeln über diesen Film geschrieben habe, will ich noch einmal in einer eigenständigen Kritik näher auf ihn eingehen. Ich werde chronologisch auf die drei präsentierten Handlungsstränge eingehen und diese näher analysieren. Es werden ein paar Spoiler folgen, also: Lesen auf eigene Gefahr. 

Wie ich schon vorher vermerkt habe: Es ist mir ohne Probleme verständlich, wieso viele Zuschauer diesen Film nicht mögen, oder ihn sogar nach einer Weile ausstellen. Er ist in seiner Machart sehr speziell. Die dreigeteilte Handlung sorgt schnell für Verwirrung, vor allem der zuletzt gezeigte Part, der gut nach der Hälfte des Films einsetzt. Kommen wir zunächst aber zu den ersten beiden Passagen. In der ersten, mit der der Film beginnt, sieht der Zuschauer den Conquistador Tomás (Hugh Jackman) auf einer Expedition in Südamerika im 16. Jahrhundert. Von seiner Königin Isabella (Rachel Weisz) hat er den Auftrag bekommen, den Baum des Lebens zu finden, um von ihm ein Elexir zu bekommen, dass sie retten soll.

Zeitsprung: Im sehr naher Zukunft (etwa 2035) fährt der Neurobiologie Tommy (ebenfalls Jackman) in sein Labor, in dem ein Affe am Gehirn operiert wird. Eine neuartige Methode soll ihn von seinem Gehirntumor befreien. Solch einen hat auch seine Freundin Izzy (ihr habt's erraten: wieder Weisz) befallen. Krampfhaft versucht er sie zu retten, versinkt immer mehr in seiner Arbeit und vernachlässigt dabei seine kranke Frau, die ein Buch, betitelt "The Fountain", über die Reise ebenjenen Tomás nach dem "Tree of Life". Als Tommy dann auch noch seinen Ehering verliert, so scheint er auch seinen Glauben an die Wunder der Wissenschaft zu verlieren. Sie überlebt nicht und er ist verzweifelt.

Ein letzter Zeitsprung: In ferner Zukunft, nach einem Sprung im Zeit-Raum-Kontinuum, schwebt ein nun glatzköpfiger Tommy in einer Blase durch das Weltall, mit ihm auf seiner Insel ein Baum, der eine Reinkarnation Izzys darstellt. Er ist auf der Suche nach dem Ort, an dem Tote wiederauferstehen, dem Nebel Xibalbá.

Während die ersten beide Teile noch äußerst logisch daherkommen, auch wenn das wiederkehrende Auftreten dieser zwei Zeitebenen schon zu verwirrend für manche Zuschauer sein könnte, so werden umso mehr beim dritten Handlungsstrang den Fernseher abstellen. Ich muss selbst zugeben, dass dieser Teil ans Absurde gemahnt, doch kann ich nur jedem einzelnen raten: Lasst euch auf diesen Film ein, solch solch einen sowohl emotionalen, als auch atemberaubenden Trip werdet ihr kaum vorher bei einem Film erlebt haben. Die Handlung funktioniert und löst Emotionen aus, was vor allem an der Chemie zwischen Jackman und Weisz liegt, die beide ihre besten Performances abliefern.

Aronofsky hat es seit jeher verstanden wahnsinnige Bilder zu produzieren und besonders in diesem Werk ist es ihm gelungen. Man braucht sich nur das Bild anzusehen, das ich als Titelbild ausgewählt habe. Dort sehen wir Tomás kurz vor dem Baum des Lebens. Eine andersartige, unbekannte, exotische Farbe durchzieht die Szenerie, die noch durch das gespiegelte Sonnenlicht im Becken und der Baumkrone verstärkt wird. Das Objekt der Begierde ist so nah, doch gleichzeitig liegen Welten dazwischen. Die gesamte Szene wirkt wie ein Gemälde, was man von so gut wie jeder einzelnen Szene behaupten kann.

Die Musik von Clint Mansell tut ihr übriges. Ihr müsst die Überschrift noch einmal anklicken, der Titelsong wird daraufhin im neuen Link erscheinen. Schließt kurzzeitig eure Augen und stellt euch die von mir im Bild beschriebene Szene vor. Dann schaut euch den Film an. Mit solch einer Einstellung müsst ihr ihn sehen, die Farben und Motive völlig ausschöpfen und im Film versinken. Das Mittelstück bietet zwar nicht so berauschende Bilder, doch da ist es die menschliche Beziehung zwischen Tommy und Izzy, die einem extrem nahe geht.

Ein letztes mal: Lasst euch auf diesen Film ein und ihr werdet kaum einen alle Sinne ansprechenden, intensiveren Film finden können. 

Donnerstag, 6. November 2014

Special: Die 10 besten Filme 2000-2009 (Post Nr. 100)




Dieser Post wäre natürlich schon viel früher erschienen, da ich meinen blog aber noch nicht im Jahr 2010 betrieb, dachte ich, dass es an der Zeit wäre zur Feier meines 100. Posts (WOOOOHOOOO!!!!) euch mal wieder eine Top 10-Liste zu präsentieren. 

Heute geht es um die zehn besten Filme der Jahre 2000 bis 2009, also dem ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Diese Zeit markiert auch den Moment, in dem ich mich zum ersten mal wirklich intensiv mit Filmen beschäftigt habe. Viele der Filme werdet ihr schon kennen, ich habe zu den meisten bereits eine Kritik verfasst, zu der ich natürlich verlinken werde. Auch bei den "Oscar-Specials" zu Beginn, habe ich viel über diese Werke geschrieben. Nichtsdestotrotz sind dies die Filme, die mir unglaublich wichtig sind und die jeder von euch gesehen haben sollte. Die Auswahl fällt mir sehr schwer, im nächsten Post werde ich auf die "Verlierer" eingehen, die es nicht in die Top 10 geschafft haben, die aber dennoch unglaublich sind. Ohne weitere großen Vorreden steigen wir in die Liste ein von Platz zehn bis Platz eins.
Heißer Tipp: Vor dem lesen des jeweiligen Artikels: Überschrift anklicken und die Boxen aufdrehen!

Platz 10: Mulholland Drive (David Lynch, USA 2001)

Dies ist der merkwürdigste und gleichzeitig faszinierendste Film der ersten Dekade. Er beginnt wie jeder andere, 08/15 Film über eine jungen Frau namens Betty (Naomi Watts), die aus dem Midwest ins sonnige Los Angeles reist, um ihrem Traum eine Schauspielerin zu werden, zu verfolgen. Doch in der sagenumwobenen Straße durch die Hollywood Hills geschieht ein Unfall, bei der Rita (Laura Harring) verletzt wird und ihr Gedächtnis verloren hat. Sie und Betty treffen aufeinander und letztlich zieht Rita zu Betty in die Wohnung.

Wie gesagt ist es bis dahin ein total gewöhnlicher Film, doch DANN ist plötzlich alles anders. Ihr jetzt so: HÄ?! Aber ich werde nicht mehr verraten, um den Effekt nicht zu zerstören, seid euch nur sicher, dass ihr genauso geschockt sein werdet, wie ich beim ersten mal. Doch das macht diesen Film so besonders und einen der komplexesten, dabei aber auch süchtig machenden Filme der letzten 20 Jahre, denn man will ihn entschlüsseln und begreifen. Ob dies nun die Absicht David Lynchs war, das kann ich nicht sagen, aber seid euch gewiss, ihr werdet den Film, der im Grunde ein einziger langezogener Trip ist - mit sensationellen Bildern von LA und famosen Darstellern (vor allem das Frauengespann) angezogen, verspeist und verstört zurückgelassen werden. Wer einen wirklich anspruchsvollen, aber unheimlich faszinierenden Film sehen möchte, der komplett anders ist, der ist hier genau richtig. Fans von "Twin Peaks", "Blue Velvet" und "Lost Highway" sowieso.




Platz 9: Road To Perdition (Sam Mendes, USA 2002)

Eine kleine Stadt nahe Chicago im Jahre 1931. Mike Sullivan (Tom Hanks) ist der "Mann für's Grobe" des irisch-amerikanischen Gangsterbosses John Rooney (Paul Newman in seiner letzten großen Rolle) und zusammen mit dessen Sohn Connor (Daniel Craig), muss er einen Auftrag erledigen. Da Mikes Sohn - Mike Jr. - ziemlich neugierig ist und sein Vater stets kein Wort über seine Arbeit verloren hat, versteckt er sich natürlich im Wagen seines Vaters, als dieser eine Auftrag gehörig versaut wird (danke, Connor...). Junior hat alles gesehen und die Organisation von Rooney erlaubt keine Fehler. Vater und Sohn sind von nun an zusammen "on the road".

Wenn ihr euch später die gesamte Liste anschauen werdet, dann wird euch auffallen, dass dies hier der "klassischste" Hollywood-Film der Liste ist. Er ist im Grunde auch nur ein "gewöhnlicher" Gangster-Film, doch wenn man dieses Genre einmal näher betrachtet, dann halte ich diesen Film hier für den besten seiner Art der letzten 20 Jahre. Alles ist perfekt: Es gibt interessante Charaktere (Jude Law kommt nach einem Drittel als Bösewicht ins Geschehen), er besitzt eine fesselnde Geschichte, epische Musik und vor allem sind es die atemberaubenden Bilder. Der letzte Film von Condrad L. Hall (völlig zu Recht mit dem Oscar ausgezeichtet) bietet Momente, die mit zum atemberaubendsten gehören, was ich in den letzten 20 Jahren gesehen habe. Allein die Schießerei beim Gewitter ist das Einlegen der DVD wert. Wer einen klassischen Gangster-Film sehen will, kommt an diesem nicht vorbei.




Platz 8: The Fountain (Darren Aronofsky, USA 2006)

Sehr viele Leute haben ein Problem mit diesem Film. Er spielte nur 15$ Mio ein und auch die Kritiker waren nicht angetan von Aronofskys Nachfolge von "Requiem For A Dream" (2001), das viele Jahre in der Produktion war und auch einen kompletten Neuanfang nehmen musste, nachdem Brad Pitt als Hauptdarsteller ausstieg. Nichtsdestotrotz muss ich sagen: Ich liebe diesen Film.

 Er ist so herrlich anders, dass es eine Freude ist. Er ist absolut nicht perfekt, manche Szenen hätte man komplett streichen, oder kürzen können, doch in seiner Gänze ist er unheimlich faszinierend. Die episodenhafte Erzählstruktur schreckt viele Zuschauer ab, der Film ist in drei Teile geteilt, von denen zumindest ein Teil komplett anders ist, als man es zuvor erwartet haben wird.

Der Film spielt in drei Zeitzonen: Die erste ist in Südamerika angesiedelt, das Jahr ist 1505 und ein Conquistador der spanischen Krone soll für seine Königin den Baum des Lebens finden, der sie vor dem Tod retten soll. Danach geht es ins Jahr 2005. Der Forscher Tommy versucht verzweifelt, seine Frau Izzy von ihrem Hirntumor zu befreien. Die letzte Stufe spielt in ferner Zukunft, bei der ein Mann allein auf einer Insel mit Baum durch das All fliegt. Die drei männlichen Rollen werden von Hugh Jackman verkörpert, während Rachel Weisz das weibliche Pendant dazu abgibt. Beide spielen überragend.

Und ihr so: Ja nee, is klar... Es klingt verrückt, keine Frage. Doch wenn man sich auf diesen Film einlässt, ist er einer der epischsten überhaupt und gleichzeitig eine der emotionalsten Liebesgeschichten, die in den letzten Jahren auf Film gefasst wurde. 




Platz 7: Gegen die Wand (Fatih Akin, D 2004)

Der wichtigste deutsche Film der letzten Jahre. Akins Geschichte über einen desillusionierten, agressiven Mann (Birol Ünel), der nichts mit seinem Leben anzufangen weiß und die emotionale, lebensfrohe junge Türkin (Sibel Kikelli), die nicht zwangsverheiratet werden will. Beide begehen Selbstmordversuche und treffen im Krankenhaus aufeinander. Um ihrem Dilemma zu entkommen, beschließen sie selbst zu heiraten - zum Schein. Als sich jedoch Cahit wirklich in Sibel verliebt, die hemmungslos feiert, geschieht eine Katastrophe.

Der Film macht danach einen Zeitsprung und verlegt den Handlungsort von Hamburg nach Istanbul und wird noch sehr viel intensiver, als man es sich vorher gedacht haben könnte. Dies ist ein harter Film, der einen buchstäblich mit dessen Intensität ins Gesicht schlägt. Wenn man nicht darauf vorbereitet ist, kann man bewogen sein, ihn sofort wieder auszustellen. Davon rate ich euch aber ab. Schaut ihn euch an, denn er sagt so viel über menschliche Beziehungen und dessen Höhen und vor allem Tiefen.

Kikelli ist phänomenal als Sibel, ihr dürftet sie als "Shay" aus "Game Of Thrones" kennen. Leider hat man seitdem nicht mehr viel von Ünel gehört, seine Performance ist gleichwertig sensationell. Regisseur Akin gehört seit diesem Werk zu den bedeutendsten deutschen Regisseuren überhaupt, er hat nicht zu unrecht unter anderem den Goldenen Bären der Berlinale und den Europäischen Filmpreis für den besten Film gewonnen, dass es nicht der Oscar wurde, ist unverständlich. (Damals wurde "Der Untergang" nominiert, ein ganz anderer, aber kein schlechter Film, dennoch halte ich "Gegen die Wand" für so viel besser.)




Platz 6: Pans Labyrinth (Guillermo del Toro, ESP 2006)

Über diesen Klassiker des modernen, fantastischen Kinos habe ich erst vor kurzem geschrieben. Wer also Fantasy mag und etwas sehen möchte, das deutlich mehr fordert, aber auch fasziniert, als zum Beispiel "Herr der Ringe", dabei aber nicht komplett in ein erdachtes Reich tauchen möchte, der ist hier genau richtig. Macht euch aber auf ein paar schockierende Momente gefasst, ich habe euch gewarnt.




Platz 5: Eternal Sunshine of the Spotless Mind (Michael Gondry, USA 2004)

Was für ein bescheuerter deutscher Titel ("Vergiss mein nicht") aber darüber habe ich mich auch schon in der ursprünglichen Kritik aufgeregt. Das ist auch mein einziger Kritikpunkt, für den der eigentliche Film gar nichts kann. Denn er ist einer der komplexesten, emotionalsten und einfach besten Liebesgeschichten, die je auf der Leinwand festgehalten wurden. Dazu kommt noch eine abgefahrene Science-Fiction angehauchte Story über Gedächtnisreinigung, unfassbare Sets und Locations und Jim Carrey und Kate Winslet in ihren besten Rollen.




Platz 4: Brokeback Mountain (Ang Lee, USA 2005)

Der ergreifendste Film dieser Dekade. Wer sich am Ende nicht schlecht fühlt, hat kein Herz. Was wurde nicht alles über diesen Film gesprochen und was für einen Skandal hat er nicht in Amerika ausgelöst. Dabei ist es im Grunde ein harmloser Film über die Liebe, nur, dass es nicht die heterosexuelle, vom Großteil der Gesellschaft akzeptierten, Version, ist, sondern die Liebe zwischen zwei Männern. Beide wollen es nicht wahrhaben und verdrängen es über Jahrzehnte, ihr ganzes Leben zerbricht daran und endet am Ende in der Tragödie.

Heath Ledger war nie besser (auch nicht als "Joker" in "The Dark Knight"). Ich rechne seine Performance als Ennis del Mar zu den großen der amerikanischen Filmgeschichte und auch Jake Ghyllenhaal als Jack Twist ist genauso gut. Ang Lee versteht es, die Wildnis Wyomings, deren Hinterwäldler-Gesellschaft und das Klima der Angst perfekt einzufangen. Er ist so viel mehr als nur "der schwule Western" und wer das nicht versteht, der besitzt keinerlei Empathie. Es sind Menschen, die sich lieben, was kann daran falsch sein?


Platz 3: 25 Stunden (Spike Lee, USA 2002)

Meine eigentliche Kritik ist schon eine Weile her, aber mein Punkt bleibt bestehen: Dies ist einer, wenn nicht sogar der wichtigste amerikanische Film nach 9/11. Und das, obwohl hier der letzte Tag im Leben eines Verbrechers dargestellt wird. Denn es sind gerade die nicht perfekten, kaputten Bürger Amerikas, die den "american spirit" in sich tragen: Diese Gier, immer weiter machen zu wollen, die Unvollkommenheit. Eindrucksvoll kann man dies in der "F-You"-Szene sehen, die natürlich genau das Gegenteil dessen ist, was gesagt wird: Nämlich der große Liebesbeweis an eine zerstörte Psyche, an eine zerstörte Stadt, die wieder aufersteht. 



Platz 2: City Of God (Fernando Mereilles, BRA 2002)

Eines der größten Epen der ersten Dekade ("Herr der Ringe" ausgeschlossen). Der Krieg in den Favellas Rio de Janeiros ist dynamisch und faszinierend verfilmt worden, mit solch einer Geschwindigkeit, dass die über zwei Stunden wie im Fluge vergehen, wie ich schon in meiner ursprünglichen Kritik anmerkte.

Der Zuschauer wird mit so vielen Charakteren bombardiert, dass es beim ersten mal sehr schwierig ist, alle Figuren einordnen zu können. Auch erst beim mindestens dritten mal steigt man noch nicht komplett durch. Wie in einem guten Roman wird einem Jungen beim aufwachsen zum jungen Mann zugesehen (siehe "Boyhood"). Hier sind es sogar zwei: Buscape, der später einmal Fotograf wird und Löckchen, der Gangster werden wird. Zwei völlig verschiedene Wege, doch beide treffen immer wieder aufeinander, was diesen Film so faszinierend macht. Vollste Empfehlung und er wäre auch fast meine Nummer 1 geworden, wenn da nicht ein gewisser anderer, in England spielender Film gewesen wäre...



Platz 1: Children of Men (Alfonso Cuarón, UK 2006)

Konnte es nach all meinen vorherigen Huldigungen ein anderer Film geworden sein, der den ersten Platz einnehmen würde? Nein, konnte es nicht. Denn seitdem hat mich kein Film mehr fasziniert, oder auch ähnlich staunend, ob all der dargestellten Dinge, zurückgelassen. Wenn man sich vorstellt, was allein in den zahlreichen Kamerafahrten für Dinge produziert, Leute angewiesen, Kulissen und Kostüme fertiggestellt werden mussten, ist man einfach sprachlos. Das England, das hier dargestellt wird, ist erschreckend und die Konsequenzen, welche die hier präsentierte Welt und deren darin lebenden Menschen erleben müssen, sind unvorstellbar. Ein Meisterwerk, das ich noch in Jahrzehnten immer wieder mit Staunen sehen und einfach erleben werde.


Samstag, 1. November 2014

Pans Labyrinth

A long time ago, in the underground realm, where there are no lies or pain, there lived a princess who dreamed of the human world


Guillermo del Toro, ESP 2006 - 9.75/10

Spanien zur Zeit des Faschismus, Franco war an der Macht. In dieser Geschichte kommt ein ranghoher, schrecklicher General vor, welcher der große Antagonist ist - und ehrlich gesagt einer der größten Bösewichte, die jemals auf Film festgehalten wurden. Zum Haus von eben diesem General Vidal (Sergi López) reisen die junge Orphelia (Ivana Baquero) und deren hochschwangere Mutter (Ariadna Gil) in Zeiten nach dem Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939). Wir schreiben das Jahr 1944. An der Villa angekommen, sind dort viele Soldaten aus der Bataillon des Generals versammelt, man vermutet Rebellen in den umliegenden Wäldern.

Das ist allerdings nur ein Nebenhandlungsstrang - wenn auch ein extrem wichtiger - aber der Film dreht sich um Orphelia. Sie ist von Natur aus ein sehr neugieriges Mädchen und schon auf der Fahrt zur Villa macht sie eine interessante Entdeckung: Eine alte Skulptur fällt ihr auf, die sie auch flux repariert. Sie fährt weiter doch die Kamera bleibt auf dem nun wieder ganzen Kunstwerk, das den Kopf einer merkwürdigen gehörnten Figur zeigt. Ein Insekt erscheint darauf, oder ist es eine kleine Fee? Wenig später ist der Wagen angekommen und während Orphelias Mutter sich in ihr Bett legen muss, streunert die Abenteurerin durch das Anwesen. Dort trifft sie auf das hauseigene Labyrinth, in das sie NATÜRLICH ohne Zögern hineinmarschiert, aber bevor sie sich verlaufen kann, von der Angestellten Mercedes (Maribel Verdú aus "Y Tu Mamá También") aufgefunden wird. Dies war allerdings nicht ihr letzter Versuch herauszufinden, was im Labyrinth vor sich geht.

Das bereits angesprochene Insekt / Fee hat von der Heldentat Orphelias einer noch mysteriösereren Figur berichtet, die daraufhin beschließt Orphelia einen Besuch abzustatten. Diese Figur ist der sagenumwobene Faun (Der "Pan" aus dem Titel, wurde benutzt um Verwechslungen mit dem englischen "fawn" zu vermeiden), der ihr, nach deren erschrecken, von drei Aufgaben zu berichten weiß. Sie sei die verschollene Prinzessin und sie müsse zu ihren Eltern zurückkehren.

So märchenhaft diese Geschichte nun auch klingt, sie ist es keineswegs. Viel mehr ist es ein Horror-Märchen für Erwachsene, dessen größter Horror in der Echtzeit verwurzelt ist - den General und dessen Gräueltaten habe ich schon erwähnt. Doch auch Orphelia erwarten harte Prüfungen, die eine ganze Reihe von kaum vorstellbaren Kreaturen mit sich bringt. Jedes gute Märchen hat einen bitterbösen Unterton - kennt ihr die Original-Version von "Aschenputtel" der Brüder Grimm? Keine Mutter würde sie heute kleinen Kindern vorlesen - und so hat dieser Film neben dem Fantastischen auch das abgrundtief Böse. Keiner Figur kann man trauen, vor allem nicht den Menschen. 

All das macht diesen Film so besonders. Neben der technischen Perfektion, denn nicht umsonst hat dieser Film aus Spanien drei Oscars gewonnen - Kamera (u.a. gegen Lubezki für "Children of Men" und Pfister für "Prestige"), Ausstattung und Make-Up. Die Drehorte sehen alle spektakulär aus, in jeder Szene gibt es versteckte Details zu entdecken, man fühlt sich wie Orphelia beim anschauen dieses Films, was del Toro mit Sicherheit genauso geplant hat. Wäre dieses Meisterwerk in den letzten Jahren erschienen, hätte es garantiert noch einige Nominierungen mehr erhalten, hundertprozentig in der Kategorie "Bester Film", bei der bis zu zehn Film berücksichtigt werden können. Die Schauspieler wissen durch die Bank zu überzeugen, allen voran Lopéz als sadistischer verlängerter Arm Francos, der genauso gut für den "Besten Nebendarsteller" hätte nominiert werden können, hat der doch einen der ikonischen Antagonisten der jüngeren Filmgeschichte geschaffen.

Ein Triumph des fantastischen Films und so viel besser, als jeglicher Fantasy-Film der in den letzten fast zehn Jahren erschienen ist. Es ist die Tiefe, die hier so eine wichtige, große Rolle spielt, dass sich dieses scheinbare Märchen von dessen Rest (zum Beispiel die schreckliche "Alice"-Version von Disney) abhebt. Wer sich also in fremde Welten versetzen lassen kann, die dann doch nicht so fremd wirkt, der ist hier genau richtig. Manchen Szenen sind extrem hart geworden, Kinder sollten dieses Werk nicht sehen dürfen, vor allem die Szene aus dem Bild oben ist sehr verstörend. Freunde von Tinkerbell, bitte wegschauen und Ohren zuhalten. 

Wer einen Klassiker sehen will, der auch ein paar wohlgesetzte Horror-, Fantasy-, und Drama-Elemente besitzt, der ist hier absolut richtig.

Donnerstag, 25. September 2014

Children Of Men

As the sound of the playgrounds faded, the despair set in. Very odd, what happens in a world without children's voices.




Alfonso Cuarón, UK 2006 - 10/10

Meiner Meinung nach ist dies der beste Film der letzten zwanzig Jahre, mindestens. Da ich selbst erst seit etwa fünfzehn Jahre intensiv Filme sehe muss ich sagen, dass dieser Film derjenige neben "Schindlers Liste" ist, der den größten Eindruck auf mich hinterlassen hat und dessen erstes anehen ich wahrscheinlich mein Leben lang nicht vergessen werde. Das letzte mal, dass ich so etwas mit Garantie sagen konnte, war im letzten Jahr, als ich "Gravity" (vom selben Regisseur) sprachlos gemacht hat.

Im Jahr 2027 ist die Bevölkerung der Erde nicht mehr in der Lage Nachwuchs zu produzieren. Seit etwa zwanzig Jahren sind Frauen unfruchtbar. Der Film beginnt mit der Fernsehnachricht, dass der jüngste Bewohner der Erde, Baby Ricardo, gestorben ist. Fast alle Besucher einen Coffee-Shops in London schauen bestürzt auf den Bildschirm, außer Theo Faron (Clive Owen), der sich mit seinem neu erworbenen schwarzen Kaffee (NATÜRLICH ist es schwarzer Kaffee und kein "Pumpkin-Spice-Frappucino" oder sonstiger zuckriger Bullshit, denn Theo ist ein Mann, man) einen Weg durch die Menge bahnt. Draußen angekommen erhalten wir den ersten Blick auf das London in naher Zukunft. Es fahren immer noch wie gewohnt Autos durch die Gegend (sie können noch nicht schweben), aber alles um Theo hat einen schmutzigen Anstrich erhalten, Menschen laufen träge durch die Straßen. Während Theo das Straßenbild registriert und er sich seinen Kaffee mit einem Schuss Whiskey verfeinert, fliegt hinter ihn der Kaffeeladen in die Luft. Geschockt und torkelnd wandern die überlebenden Kunden raus, Theo ist weit genug von der Explosion entfernt gewesen, dass ihm nichts passiert ist.

Mit diesem Knall beginnt Cuaróns Film und man ist gleich im Geschehen drin. Die Szene dauert vielleicht gerade einmal zweieinhalb Minuten, aber sagt schon alles aus, was man für den weiteren Verlauf wissen muss: Die Menschheit droht der Exitus, die Erde ist im Zerfall und Armut ist überall zu bemerken. Diese Umstände werden in den darauffolgenden Szenen noch verstärkt: Theo wird auf offener Straße in einen Transporter gezogen, ihm wird eine Maske über den Kopf gestreift und als er wieder sehen kann steht seine Exfrau Julian (Julianne Moore) vor ihm. Sie ist die Anführerin einer radikalen Vereinigung "The Human Project", die sich zum Ziel gesetzt hat, bessere Bedingungen für illegale Einwanderer zu erreichen (sogenannte "Fugees", vom englischen "fugitives").

 Dabei aber haben sie noch ein besonderes Ass im Ärmel, das sie für ihre politische Zwecke einsetzen wollen - so denkt besonders Julians Mitstreiter Luke (Chiwetel Ejiofor aus "12 Years Of Slave") - eine junge, dunkelhäutige Engländerin names Kee (Clare-Hope Ashitey) ist schwanger!!! Durch die strikten Einwanderungs- aber auch Auswanderungsgesetze - Einwanderer werden in Ghettos menschenunwürdig gepfercht - wenden sie sich an Theo, um Kee sicher zu einem Schiff der Organisation zu bringen, die sie aus England bringen soll. 

Nach anfänglichem Zögern (ihr habt es bereits erraten) begeben sie sich auf den Weg durch ein kaum wieder zuerkennendes England, das einen mit einer Gänsehaut zurücklässt, denn das macht den Reiz dieses Meisterwerkes aus: Er spielt zwar in der Zukunft, doch ist diese so glaubwürdig dargestellt, dass sie ohne weiteres genauso eintreten kann (dasselbe gilt für die Version Spike Jonzes in "her", auch wenn dieser Film absolut nicht apokalyptisch ist). Sowohl die bereits beschriebene Szenen, als auch die Landschaften, durch welche die Gruppe im weiteren Verlauf des Films durchfahren und wandern und dies häufig in legendären, Cuarón-typischen long-takes, die solche Filme wie das bereits erwähnte "Gravity", aber vor allem auch "Y Tu Mamá También" sensationell gemacht haben. Hier sind es nicht die kleinen Geschichten am Straßenrand im Hinterland Mexiko Citys, sondern vollgepackte Actionsequenzen, zum einen im Auto, zum anderen mitten durch ein Schlachtfeld hindurch.

Ich habe absolut nichts an diesen Film zu kritisieren. Die Schauspielen spielen durch die Bank großartig, ich habe bislang vergessen Michael Caine zu erwähnen. Als Theos gutmütiger Freund Jasper bietet er eine leichte Erholung von all der Verzweiflung, die sich in der dem Zuschauer präsentierten Welt aufgebaut hat. Die Bilder sind sensationell, die Kameraarbeit von Emmanuel Lubezki wurde völlig zu Recht für einen Oscar nominiert und hätte auch gewinnen müssen (auch wenn ich die Kamera in "Pans Labyrinth" für sensationell halte, über diesen Film werde ich in Kürze noch mehr schreiben). Lubezki gewann sechs Jahre später für "Gravity". Das Drehbuch war genauso nominiert (das ich nicht mehr groß loben muss, die Story ist enorm faszinierend und bietet Stoff sich stundenlang über die aufgezeigten Konsequenzen in der heutigen Zeit Gedanken zu machen) wie der Schnitt, hier seien besonders die schnellen Actionsequenzen nach den ewigen Kamerafahrten genannt. 

Cuarón hat ein Meisterwerk geschaffen, das sich wirklich jeder mindestens einmal angesehen haben sollte. Es war zur damaligen Zeit vielleicht kein Erfolg gewesen sein, deshalb werden viele von euch noch nie von diesem Film gehört haben. Holt es jetzt nach und schaut ihn euch an, ihr werdet es nicht bereuen.

Donnerstag, 14. August 2014

Wie ein Film endet, Teil 2

Head out to the middle of nowhere



Willkommen zum zweiten Teil meines Specials über die Art und Weise, wie ein Film endet. Nach den fröhlichen Happy-Ends geht es heute um etwas komplexere Enden, die viele Zuschauer ratlos zurücklassen können. Meiner Meinung nach jedoch sind sie häufig die besten Enden, denn dem Zuschauer wird keine Nachricht untergejubelt, mit der er möglicherweise gar nicht einverstanden wäre, sondern liefert viele Möglichkeiten, die sich der Zuschauer dann selbst zurecht gestalten kann. Schafft er / sie doch noch, an sein Ziel zu kommen? Wer weiß es schon? Doch möglich ist es auf jeden Fall.
SPOILER WERDEN FOLGEN!!! Bitte auch immer schön auf die Links klicken, da erfahrt ihr noch mehr über die hier vorgestellten Filme.

The Wrestler (Darren Aronofksy, 2008)
Before Sunset (Richard Linklater, 2004)
25 Stunden (The 25th Hour, Spike Lee, 2002)
Lost in Translation (Sofia Coppola, 2003)
Good Will Hunting (Gus van Sant, 1997)


Teil 2: Das offene Ende

Das beste Beispiel für ein Ende dieser Art liefert Spike Lee's 25 Stunden (25th Hour). Der Zuschauer nimmt am letzten Tag von Montgomary Brogan (Edward Norton) teil. Er hat mit einer großen Menge Drogen gehandelt und wandert deshalb für einige Jahre ins Gefängnis. Um seinen letzten Tag gebührend zu feiern, trifft er sich noch einmal mit seinen Freunden und macht die Nacht durch, bevor er sich am nächsten Morgen im Morgengrauen mit seinem Vater auf den Weg Richtung Gefängnis macht. Das bemerkenswerte an diesem Film ist es nun, dass eine wunderschöne Montage gezeigt wird, in der Montys Vater mit ihm gar nicht ins Gefängnis fährt, sondern in irgendein verschlafenes Nest im Süden der USA, bloß raus aus New York. Unter neuer Identität beginnt er ein neues Leben, seine Freundin Natural (Rosario Dawson) kommt ihn irgendwann besuchen und zusammen gründen sie eine neue Familie. Doch dann sitzt Monty immer noch im Wagen in New York. Welchen Weg wird er einschlagen? Diese Frage bleibt offen und der Zuschauer bleibt im Ungewissen. Die Möglichkeit eines Neuanfangs besteht...

Ein anderes Ende dieser Art gibt es beim zweiten und besten Teil der "Before"-Trilogie, Before Sunset, das mich erst auf das Schreiben dieses Specials gebracht hat. Jesse (Ethan Hawke) und Celine (Julie Delpy) treffen sich nach neun Jahren wieder in Paris und verbringen einen Nachmittag miteinander, der in Celines Wohnung endet. Sie singt ihm ein Lied auf der Gitarre, während Jesse grinsend auf der Couch sitzt. Sie sagt: "Baby, you are going to miss your plane." und er antwortet: "I know." Perfekt. So wie wir es uns vorgestellt haben. Sie fallen sich zum Glück nicht darauf in die Arme, sondern es bleibt offen. Man kann sich zwar denken was passieren kann, aber der Zuschauer wird nicht damit erschlagen, sie liegen nicht küssend übereinander, oder so etwas. Ich habe den Film mit einem Grinsen verlassen.

Ganz anders sieht es beim modernen Klassiker Lost in Translation von Sofia Coppola aus. Bob (Bill Murray), ein alternder, ehemaliger Filmstar, der schon lange keinen Hit mehr hatte, dreht einen Whiskey-Werbespot in Tokio. In der Hotelbar trifft er auf Charlotte (Scarlett Johansson), die junge Frau eines Fotografen. Sie hat nicht viel zu tun, Uni-Abschluss zwar in der Tasche, aber sie weiß selbst nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. So treffen sich zwei gelangweilte Seelen und gemeinsam verbringen sie ihre Zeit in Tokios Innenstadt. Sie genießen ihre gemeinsamen Stunden (bei einem genialen Soundtrack von My Bloody Valentine-Mastermind Kevin Shields), eine rein platonische Liebe, aber dann ist ihre Zeit auch vorbei, Bob muss wieder zurück in die Staaten. Der tränenüberstömten Charlotte sagt er etwas ins Ohr - eine der berühmtesten Szenen der letzten Jahre - und dann ist er weg, der Film ist vorbei. Ein in gewisser Weise tragisches Ende, denn man erfährt, dass beide unglücklich sind, aber zusammen sein können sie nicht. Aber was hat er ihr gesagt? Es bleibt unbeantwortet, vielleicht deutet etwas ja auf eine gemeinsame Zukunft hin...

Wer es noch eine Ecke tragischer haben will, der schaue sich The Wrestler vom Genie Darren Aronofsky an. Der Zuschauer verfolgt das Leben des gealterten Wrestlers Randy "The Ram" Robinson (Mickey Rourke) und seinen Schwierigkeiten, die seinen Alltag bestimmen. Er hat zum einen nicht mehr die Kraft, seine Show wie früher abzuliefern, ist zum anderen aber immer noch im Zirkus Wrestling gefangen, er tourt zum Beispiel mit Nachwuchsathleten durch diverse Turnhallen quer durch die USA, pumpt sich dabei mit Anabolika voll, hat aber auch eine Tochter (Evan Rachel Wood) zu versorgen. Die will, dass er endlich mit seinem Leben als Wrestler abschließt, dasselbe sagt ihm auch eine befreundetet Stripperin (Marisa Tomei), mit der er gern ein neues Leben beginnen will. Doch holen ihn alte Gewohnheiten ein und so endet der Film auf seinem Höhepunkt (bei dem man als Zuschauer dermaßen schluchzen muss, macht euch auf etwas gefasst): Für ein Comeback soll Randy noch einmal die alten Stunts ausführen und in einer letzten Ansprache betont er, dass es für ihn kein anderes Leben geben kann, als das im Ring. Er springt von der Begrenzung ab, der Zuschauer weiß, dass er das kaum überleben kann und zack, der Film ist zu Ende. Extrem tragisch und dabei so passend zur Person Mickey Rourke, eine der besten Besetzungen der letzten Jahre, die Rolle passt einfach perfekt. Der Film hat ein paar Macken, aber allein für dieses Ende lohnt es sich ihn zu gucken. Was passiert danach mit ihm? Wieder einmal weiß es der Zuschauer nicht, aber gut ausgehen kann es kaum.

Zu guter letzt will ich über einen meiner absoluten Lieblingsfilme schreiben: Good Will Hunting, der mir sofort in den Sinn kam, als ich die Nachricht gelesen habe, dass Robin Williams gestorben ist. Hier ist er in einer seiner besten Rollen zu sehen, als Psychiater Sean Maguire, für dessen Darstellung er verdient einen Oscar als bester männlicher Darsteller in einer Nebenrolle gewonnen hat. Er trifft sich mit Will (Matt Damon), der nach einer Schlägerei wegen Körperverletzung in Jugendhaft ist. Ein Mathematikprofessor (Stellan Skarsgard) hilft Will jedoch, da er das mathematische Talent des Jungen entdeckt hat. Als Bedingung für seine Freiheit muss Will nun wöchentlich zum Therapeuten und für den Professor Aufgaben erledigen. Will hat allerdings eine extrem schwere Kindheit hinter sich und er frisst alle Emotionen in sich hinein. Erst zum Schluss ist er in der Lage, dank der Hilfe von Sean, diese Erlebnisse hinter sich zu lassen und macht sich in der letzten Szene auf den Weg zu seinem Mädchen Skylar (Minnie Driver), die er zwischenzeitlich verlassen hat. Kann er mit seiner Vergangenheit nun abschließen, er hat sich schließlich zum ersten mal auf den Weg aus Boston begeben. Kann er sein gegebenes Talent endlich umsetzen und zum ersten mal in seinem Leben glücklich werden? Es wäre ihm zu wünschen... aber zum Glück kann sich der Zuschauer wieder einmal selbst Gedanken darüber machen. Ein schönes Ende eines tollen Filmes, dem ich jeden nur ans Herz legen kann. Williams spielt überragend und sein Verlust wiegt dadurch noch gravierender, vielleicht hätte er noch einmal solch eine Performance abliefern können. Man wird ihn vermissen.

Das war der zweite Teil, ich melde mich demnächst mit einem dritten Teil zurück. Danke fürs lesen, euer Mattes.

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