Hush, hush!
Curtis Hanson, 1997 USA - 10/10
Ladies und Gentlemen, wir haben es hier mit einem GOLD-Standard im Thriller-Genre zu tun. Es ist nicht nur so, dass eine unfassbar vielschichtige Story dem Zuschauer vorgesetzt wird, die man um ehrlich zu sein, erst beim dritten sehen vollständig begreifen kann, es ist vor allem die Atmosphäre, die in Hansons Meisterstück in einem Los Angeles, abseits des American Dreams, erschaffen wurde. Der Film basiert auf der einflussreichen Roman-Vorlage von James Ellroy von 1990, die sich auf den berühmten, tatsächlich geschehenem Night Owl-Mord 1953.
Der Film spielt im Jahre 1953 und verfolgt drei ganz unterschiedliche Polizisten, die alle drei verschiedene Methoden haben, um ihre Arbeit erfolgreich auszuführen. Zunächst ist da Ed Exley (Guy Pearce), der seinem Vater als ehrenhafter Cop nacheifern will und auch vor unpopulären Maßnahmen nicht zurückschreckt, um seine Integrität zu bewahren. Eine dieser Taten ist sein Eingreifen am Abend der Polizei-Weihnachtsfeier, die außer Kontrolle gerät.
Wie jeder weiß, braucht man zu einer ordentlichen Weihnachtsfeier, und sei es die des örtlichen Polizeipräsidiums, eine gute Portion Alkohol. Für die Lieferung ist Wendell "Bud" White (Russel Crowe) zuständig. Im Gegensatz zu Exley ist er eher aus einem groben Holzpflock geschnitzt. Er schlägt gegebenenfalls zu, wenn es die Situation verlangt, was seinem Vorgesetzten Dudley Smith (James Cromwell) natürlich gefällt, denn so ist er in jeder Situation einsetzbar. Aber zurück in den "liquor store", bei dem dieser so harte, stählerne Mann auf eine bildhübsche Frau trifft: Lynn Bracken (Kim Basinger, die für diese Rolle mit dem Oscar wurde), die Bud den Atem raubt und eine sehr interessante Rolle in der Geschichte zu spielen hat.
Der dritte im Bunde ist der Star der Bande: Jack Vincennes (Kevin Spacey) ist neben seiner Tätigkeit im Büro als Berater bei der TV-Show "Badge of Honor" tätig, er ist dementsprechend ein bekannter Mensch in Hollywood und er kostet dies vollends aus. In der ersten Szene des Films lässt er einen Nachwuchsschauspieler hochgehen, der seine Nase in zu viel weißes Puder gesteckt hat. Den Tipp hat er vom Verleger Sid Hudgens vom "Hush-Hush-Magazine", das allerhand Skandale der Schönen und Reichen aus der Traumfabrik ans Tageslicht gefördert hat.
Vincennes ist an jenem Abend der Weihnachtsfeier zugegen, bei der es zu wild zur Sache geht. Es gibt einige Konsequenzen und als Folge dessen müssen die drei angesprochenen Kommissare zusammenarbeiten. Mehre Wochen später werden sie des Nachts zu einem Restaurant in Los Angeles gerufen: Im "Nite Owl" gab es eine Schießerei. Was darauf folgt wird hier nicht weiter beschrieben, nur soviel, dass etliche Personen darin involviert sind, mehrere Polizisten zu Helden aufsteigen und die Drahtzieher weit mehr Macht besitzen, als man es sich vorher gedacht hätte. Und was hat die Edel-Prostituierte Lynn Bracken mit alledem zu tun? Exley, White und Vincennes, bitte übernehmen sie!
Was sich nach einer überaus komplexen Handlung anhört, ist genau diese: Wie bereits im Eröffnungsabschnitt angesprochen, ist dies kein einfach gestrickter Film, sondern einer, der mehrmaliges Sehen belohnt. Dafür sind alle Figuren überaus nuanciert, kein einziger Charakter ist ganz Klischee-beladen (auch wenn man dies oftmals zunächst annehmen möchte). Das macht den besonderen Reiz dieses Neo-Noir Klassikers aus. Es sind die Figuren, die den Film prägen, neben der wendungsreichen Handlung.
Hanson gelingt es eine Ära auferstehen zu lassen. Das Hollywood der 1950er Jahre bietet dafür die ideale Bild- und Spielfläche. Es sind nicht nur die Kostüme, Kulissen und die perfekt gewählte Musik, die einen wie in ein Bilderbuch eintauchen lassen. Der "American Dream", den jeder einzelne Mensch als Konzept vor Augen hat, wird auf den Kopf gestellt, was sich durch die Brutalität der "Nite-Owl"-Morde manifestiert. Drei unterschiedliche Figuren versuchen den Fall zu lösen und dringen in eine Unterwelt ein, die von Korruption, Lügen und Prostitution gekennzeichnet ist und den Zuschauer in seinen Bann zieht.
Ich liebe diesen Film so sehr, weil er in solch einem Ausmaß um einiges vielschichtiger ist, als heutige Standard-Thriller-Kost. Alle, die sich auch nur im entferntesten für das Genre des Polizeifilms interessieren, müssen dieses Meisterwerk sehen. Häufigen "Tatort"-Zuschauern wird ein ganz neues Level dargeboten, das man im Fernsehen so nie sehen kann.
Wäre 1997 nicht solch ein kleiner Film wie "Titanic" in die Kinos gekommen, "LA Confidential" hätte bei den Oscars um einiges mehr abgeräumt. So blieb es leider bei einem Oscar für das beste adaptierte Drehbuch und einem für Kim Basinger, als beste weibliche Nebenrolle. Ich hätte ihn in allen wichtigen Kategorien gewinnen lassen. Ein Meisterstück der Thriller-Kunst, bei dem sich so viele heutige Filme ein großes Stück abschneiden können.
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