Dienstag, 3. Februar 2015

Wild - Der große Trip

Fühlst du dich einsam? - Im echten Leben fühle ich mich einsamer als hier.


Jean-Marc Valeé, USA 2014 - 8/10

Cheryl Strayed musste raus. Raus aus ihrem Alltag, der nur noch aus Sex und Drogen bestand. Raus aus ihrer Trauer nach dem zu frühen Tod ihrer Mutter und vor allem raus aus ihrem bekannten Leben, von dem sie nicht wusste, was sie mit diesem anstellen sollte. So erblickte sie eines Tages in einem Laden in Minneapolis ein Reiseführer über den "Pacific Crest Trail" von Arizona bis rauf nach Oregon. Sie entschloss sich diesen Weg allein zu bestreiten, über 300 Meilen zu Fuß und davon handelt dieser Film.

Er beginnt in der Wüste. Cheryl (Resse Witherspoon mit einer extrem physischen und mutigen Performance) wird an einem Motel beim Beginn des Trails rausgelassen (Fahrerin war übrigens die echte Cheryl Strayed) und bucht sich in einem Motelzimmer ein. Dort sortiert sie erst einmal ihren Proviant, den sie in einen 14 Kilogramm schweren, monströsen Rucksack steckt. Dieses Szenen sind die humorvollsten des gesamten Films, danach beginnen die Strapazen, die immer wieder durch Rückblenden - teilweise extrem kurze Schnitte - unterbrochen werden und Cheryls Hintergrund in kleinen Happen dargestellt wird. Diese kleinen Happen machen da natürlich Lust auf mehr, sind sie doch zu Beginn nur kleine Geistesblitze und sie werden auch im Verlauf des Films immer weiter ausgedehnt.

Während die Wanderschaft Cheryls sehr viele Strapazen bereithält, ist es sehr mit ihrem Privatleben zu vergleichen, bei dem der Tod ihrer Mutter sehr viel kaputt gemacht hat. Bobbi (Laura Dern, zu Recht für den Oscar nominiert) hat einen gewalttätigen Mann und flüchtet mit der jungen Cheryl und ihrem Bruder Leif (Keene McRae) vor ihm. Die nun kleine Familie hat nicht viel Geld, aber dafür um so mehr Lebensfreude, die durch die immer glückliche Mutter ausgestrahlt wird. Als sie dann aber die niederschmetternde Nachricht erfahren, dass Bobbi sterben wird, ist es dahin mit der Freude und als sie dann schließlich wirklich stirbt, versinkt Cheryl in einem Strudel aus Sex und Drogen, aus der sie selbst ihr Ehemann Paul (Thoman Sadoski) nicht retten kann. Sie lassen sich scheiden und Cheryl tritt die selbst gewählte Reise an.

Also zurück auf den Trail, wo Cheryl sehr viele Strapazen durchmacht, aber auch interessanten Leute (und Leidensgenossen) trifft, die immer wieder dasselbe sagen: Auf diesem Pfad findet man zu sich selbst. So ist der Film etwas vorhersehbar gestaltet, aber gut, etwas anderes war auch nicht zu erwarten gewesen. Dafür ist der Film sehr gut gemacht. Die Bilder sind exzellent photographiert, die unendliche Weite wird bei jeder Meile deutlich. Die Gefahren, die sich in der Weite Cheryl in den Weg stellen werden stets deutlich, es gibt beispielsweise eine Szene, bei der sie auf zwei Wanderer trifft, die dermaßen spannend gefilmt wurde, dass man eine Stecknadel im Kino hätte fallen hören.

Witherspoon gibt ihren vollen körperlichen Einsatz für diese Rolle, man sieht ihr die Anstrengungen ihrer Wanderschaft in jeder Szene an. Die Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin war zwar schon abzusehen, sobald der Film bekannt gegeben wurde, aber sie spielt hervorragend, ohne Frage. Meiner Meinung nach ist Laura Dern genauso gut, als "die Liebe meines Lebens" (wie Cheryl im Film von ihr spricht) und man kann bereits ahnen, dass sie ihren Tod nicht gut verkraften würde.

Ein eindrucksvoller, etwas sehr vorhersehbarer Film, der von den Bildern und den beiden sehr guten Performances lebt. Jeder Schauspieler wird von nun an mit Valeè zusammenarbeiten wollen, denn wieder wurden zwei Rollen aus seinem Film, wie schon bei "Dallas Buyers Club" (Matthew McConaughey als Hauptdarsteller und Jared Leto als Nebendarsteller), mit Oscarnominierungen und vielleicht auch Siegen (bei den beiden angesprochenen kam es zu den Siegen) dabei herausspringen.




1 Kommentar:

  1. Mir hat der Film auch sehr gut gefallen, ganz besonders die verschachtelte Narration. Im Presseheft stand, man wollte durch die fragmentarische Erzählform das Erinnern visuell darstellen. Das ist wirklich gelungen. Ich glaube nicht, dass angesichts der starken Konkurrenz ein Oscar für Reese herausspringt, aber es ist trotzdem ein gelungener Film.

    Hier meine Kritik: https://filmkompass.wordpress.com/2015/01/26/wild-2014/

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