Sonntag, 21. Dezember 2014

Prisoners



Denis Villeneuve, USA 2013 - 9.5/10

Ich dachte eigentlich, dass mich ein simpler Thriller nicht mehr so mitnehmen könnte. Aber dann sah ich mir diesen Film hier des kanadischen Regisseurs Denis Villeneuve an. "Prisoners" erzählt im Grunde eine bereits bekannte Geschichte, die aber so umwerfend dargestellt wurde, dass ich die ganze Zeit unter Hochspannung auf den Bildschirm starrte. Ein besonderes Lob gilt dem Altmeister Roger Deakins an der Kamera, der unfassbare Bilder entworfen hat und völlig zu Recht für den Oscar nominiert wurde (den er leider immer noch nicht, selbst nach Großtaten wie "Die Verurteilten", "Fargo", oder auch "No Country For Old Men" gewonnen hat - ganz zu schweigen von seiner sensationellen Arbeit bei "The Assasination of Jesse James by the Coward Robert Ford", welches die besten Bilder der letzten 15 Jahre hat).

Die Dovers besuchen zu Thanksgiving ihre Freunde, die Birchs, die um die Ecke wohnen. Alle genießen den Abend, auch die beiden jüngsten der jeweiligen Familien: Joy und Anna, fünf und sechs Jahre alt. Die beiden spielen herum und wollen schließlich zu Anna nach Hause, um ihre Trillerpfeife zu holen. Annas Vater Keller Dover (Hugh Jackman) stimmt dem zu, wenn die älteren Geschwister mitgehen. Schnitt, die Eltern sitzen auf der Couch, es wird langsam dunkel. Keller wird ungeduldig, da findet er die beiden älteren Geschwister vor dem Fernseher sitzend. Sie seien gar nicht mit den kleinen hinaus gegangen. Sorge macht sich breit; Keller, sein Sohn Ralph (Dylan Minette) und Franklin Birch (Terrence Howard) machen sich auf die Suche, kommen aber ohne Erfolg wieder. Sie schalten die Polizei ein, Kommisar Loki (Jake Gyllenhaal) wird verständigt. Sie haben auch schon eine erste Fährte: Ein gammeliger Wohnwagen parkte in der Straße und die beiden Mädchen kletterten auf ihn drauf. Angeblich sei jemand drin gewesen und habe sie beobachtet. Die Spur führt zu Alex Jones (Paul Dano)...

Die Story suggeriert einen 08/15 Entführungsthriller, aber weit gefehlt. Dies liegt vor allem an der bedrückenden Atmosphäre, die ihn diesem namenlosen Kaff irgendwo in Pennsylvania vorherrscht. Der Himmel wird in keiner einzigen Szene blau und freundlich. Den ganzen Film über regnet es in fast "Sieben"-ähnlichen, epischen Ausmaßen, was sich später noch in Schnee umwandelt. Es wird klar suggeriert, dass man keine einzige Sekunde in dieser Gegend Amerikas verbringen möchte. Die Set-Dekoration unterstützt dies noch. Solche zerstörte, vergammelte Bauten habe ich selten in Filmen zuvor gesehen.

Jackman spielt den besorgten Vater überragend, mich wundert, dass er keinerlei Aufmerksamkeit für seine Rolle im letzten Jahr erhalten hat. Er spielt angsteiflössend den vor Sorge zerfressenen Vater, der wirklich alles tun würde, um seine Tochter wiederzufinden. Howard auf der anderen Seite spielt den emotionalen Gegenpol. Er ist zwar ebenso voller Angst, aber anders als Keller, kann er nicht mit dessen Methoden umgehen (näher werde ich darauf nicht eingehen). Hierdurch enstehen interessante Figur-Konstellationen, bei denen die beiden immer wieder aneinander ecken. Maria Bello als Mrs Dover tritt leider etwas zu wenig ins Rampenlicht, sie liegt den Großteil des Film mit Tabletten vollgepumpt in ihrem Bett, ein vertarne Chance. Viola Davis als Mrs Birch hingegen macht die Arbeit für beide. Sie wird später aktiv involviert, was die ganze Situation im Grunde "auflockert", wenn man das so sagen kann. Aber auch hier werde ich nicht näher auf den Handlungsverlauf zwecks Spoilern nicht näher drauf eingehen.

Was den Film so überragend macht ist dessen Spannung. Villeneuve versteht es, den Zuschauer in jeder einzelnen Szene im unklaren zu lassen. Ich persönlich war von der letztendlichen Lösung sehr überrascht und sah diese nicht kommen. Es werden bewusst falsche Fährten gelegt, aber wie Kommissar Loki tappt der Zuschauer die meiste Zeit im Dunkeln. Solch eine Spannung habe ich in den letzten Jahren selten in einem Film erlebt. Das liegt vor allem daran, dass solch eine bekannte Geschichte erzählt wird, als Zuschauer braucht man sich deshalb keine Gedanken über verworrene Handlungsstränge machen, sondern voll und ganz auf die Fakten konzentrieren.

Wer einen klassischen Thriller sehen möchte, der eine unfassbare Spannung entwickelt (wenn man sich drauf einlässt), dann seid ihr hier genau richtig. Der spannendste Film 2013, vollste Empfehlung.

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