Ey, Herr Müller!!!
Bora Dagtekin, GER 2013 - 5.5/10
Ja, ihr lest richtig, heute schreibe ich über DEN deutschen Kassenschlager 2013, der mit sechs Millionen Zuschauern selbst den zweiten Teil des Hobbits übertrumpft hat: Die Komödie "Fack ju Göhte" mit Elyas M'Barek und Caroline Herfurth, den ich um einiges besser fand, als ich vorher erwartet hätte. Der schlechte Eindruck des Trailers wurde zu Beginn allerdings bestätigt.
Denn der Film beginnt wie eine Klamotte aus grauen Fernseh-Urzeiten. Der Knacki Zeki (Elyas M'Barek) kommt nach 13 Monaten im Gefängnis auf freien Fuß und um seinen alten Gangster-"Kumpanen" alte Schulden bezahlen zu vergelten, muss er an eine große Menge Geld kommen. Wie gut, dass seine Stripper-Freundin Charlie (Jana Paleske) eben jenes Geld an sicherer Stelle vergraben hat: Auf einer Baustelle an - WELCH EIN ZUFALL!! - Zekis alter Schule. Nur hat sich die ehemalige Baustelle in eine nagelneue Turnhalle verwandelt, also muss Zeki irgendwie einen Tunnel graben, um an die Beute heranzukommen - "Die Verurteilten" lässt grüßen.
Durch eine ganze Reihe von glücklichen Fügungen und Zekis freche Art - er nimmt kein Blatt vor den Mund und spricht "wie die Schüler" - , gelingt es ihm einen Job als Aushilfslehrer zu ergattern - Hausmeister war nicht mehr verfügbar. Seine neue Kollegin Elisabeth Schnabelstedt (Karoline Herfurth) ist gleich an ihm interessiert.
Durch noch weitere Komplikationen finden die beiden insoweit zusammen, als dass er bei ihr im Schuppen einzieht, sie nicht verrät, dass er gar kein richtiger Lehrer ist und am entscheidensten: ER ÜBERNIMMT IHRE VERHASSTE KLASSE 10b. Diese hat Frau Schnabelstedt durch ihre antiautoritäre und nahe ans asoziale grenzende Verhaltensweise gemobbt und aus ihrem Klassenraum getrieben. Zeki, oder besser "Herr Schmidt", versucht nun, diese Klasse in den Griff zu bekommen, zunächst einmal durch derbste Sprüche und Ignoranz, was überraschend gut funktioniert.
Ich muss gestehen, dass ich den Trailer für unglaublich schlecht halte und er wie gesagt, reinsten Klamauk darstellt. Hat man sich allerdings an den schrillen Ton der Figuren gewöhnt - natürlich heißt die Schülerin im Mittelpunkt "Chantalle" - dann kann man doch einige lustige Szenen entdecken. Aber wer sich beim Namen schon denkt: "Geht es vielleicht noch etwas klischeebeladener?", den muss ich enttäuschen. Ein Klischee jagt das nächste, etwas wirklich neues wird hier dem Zuschauer nicht geboten. Der Gangster-Boss von Zeki ist ein 08/15 Typ mit schmieriger Typ mit scheinbar östlichem Akzent, dessen Beweggründe im Hintergrund bleiben. Die anderen Lehrer an der Schule außer Zeki und Elisabeth sind reine Staffage, ohne eigene Szenen.
Was mich vor allem gestört hat: Wieso hat Zeki durchgängig im Film Alkohol konsumiert? Es wird in einem Satz von "Depressionen" gesprochen, aber deshalb wird seine Sucht von allen hingenommen? Habe ich da was verpasst??? Es haben enorm viele Jugendliche diesen Film gesehen und Zeki ist nun einmal die Hauptidentifikationsfigur, ich halte es für fatal sein Verhalten so kommentarlos hinzunehmen. Ansonsten sind seine Methoden zwar politisch unkorrekt, aber effektiv. Indem er auf demselben sprachlichen Niveau der Schüler agiert SPOILER wird er respektiert und letztlich auch gemocht.
M'Barek und Herfurth machen ihre Sache gut, ihre Figuren sind für meine Geschmack viel zu überzeichnet, etwas mehr Feingefühl wäre hier wünschenswert gewesen. So wird viel zu viel rumgebrüllt, als dass etwas sinnvolles gesagt würde. Im letzten Drittel wird DAS romantische Theaterstück verwendet (ihr wisst alle genau, welches ich meine... zwei Häuser...). Diese Wahl mag zwar verständlich sein - vor allem weil so gut wie jeder dieses Stück kennt - doch wirkte dessen Hereinnahme überflüssig und deshalb auch so abgedroschen.
Ich kann gut verstehen, wieso dieser Film so erfolgreich war. Schüler fühlen sich angesprochen, weil sie im Mittelpunkt stehen und ihr eigenes Vokabular ungestraft nutzen können. Es wird um einiges unterhaltsamer im Verlaufe des Films, doch ist der Anfang extrem klamaukig und wird viele Zuschauer abschrecken. Wichtige Themen werden angeschnitten und gehen sogar ins ernste Gebiet - Selbstmord und die Begegnungen auf der "Exkursion" - doch hätte ich mir mehr aus diesem Gebiet und weniger aus der Ecke des dummen Humors gewünscht. So ist der Film nur teilweise zu empfehlen.
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