Sonntag, 7. Dezember 2014

Casino Royale

I've got a little itch, down there. Would you mind?



Martin Campbell, UK 2006 - 8.75/10

Nachdem am Donnerstag der neuste Film der James Bond-Reihe - Nr. 24 SPECTRE mit Christoph Waltz als Bösewicht, wooohooo und für mich als Filmfan auch eine gute Nachricht: Hoyte van Hoytema ist der Kamermann, er arbeitete schon an "Interstellar", "her" und "So finster die Nacht"- bekanntgegeben wurde, werde ich hier nun den besten Teil der neuen, aktuellen Renaissance unter Daniel Craig, näher betrachten, und das ist: Casino Royale! (Ein Quantum Trost hat mir nicht gefallen, Skyfall aber umso mehr, wahrscheinlich werde ich über diesen Teil auch schreiben und wahrscheinlich ist dieser Teil sogar der beste, aber dazu in einer anderen Kritik mehr)

Es gibt einige Probleme hier, aber insgesamt ist er so unterhaltsam, vollgepackt mit actionreichen Sequenzen, schlagfertigen Wortgefechten (mit der gewohnten Prise Humor), aber auch einen bislang unbekannten Realismus, der sehr zur Qualität beigetragen hat.

Lasst uns am Beginn starten. Überraschenderweise startet dieser Bond-Film in schwarz-weiß, James diesmal nicht im Anzug und es spielt auch zeitlich vor dem Beginn des eigentlichen Films, also eine Rückblende. Nach einem Kampf auf der Herrentoilette, bei dem es wirklich zur Sache ging, nicht die gewohnten, klassischen Kämpfe aus den sechziger, oder siebziger Jahren, bei denen meistens ein Schlag James' ausgereicht hat, um das Böse zu besiegen. Schließlich erledigt er zwei Übeltäter und erhält so seinen Status als Doppel-0-Agent, der ihn er zu dem macht, was er in den vorherigen Filmen am besten konnte, nämlich der Geheimagent des MI5 im Dienste Ihrer Majestät zu sein. So erhält Bond einen Auftrag, nach diesem aufregendem Beginn (der aber Sinn machen soll, ist dieser Film in der Chronologie vor allen vorherigen Teilen angesiedelt... okay, etwas merkwürdig, aber ein Neuanfang nach dem blöden Ende der Pierce Brosnan-Ära ist angenehm).

Nach diesem ungewöhnlichen Beginn, geht es gleich zur Sache, obwohl: Die Story ist mit Figuren und Handlungssträngen überladen, aber gut, in etwa geht es hierum: Der somalische Offizier Obanno (Isaach De Bankolé) gibt dem für Terroristen arbeitenden Börsenspekulanten Le Chiffre (Mads Mikkelsen) eine große Summe Geld, die er doch bitte gewinnbringend investieren soll. Das hat er auch vor, doch kommt ihm da so ein Agent Ihrer Majestät in die Quere. Der befindet sich nämlich in Madagaskar, wo er einen von Le Chiffre engagierten Attentäter beschattet. Dies endet natürlich in einer Verfolgungsjagd, die überraschend physisch wird, manch anderer seiner Vorgänger hätte einfach seine Waffe gezückt, und ihn niedergestreckt. So wird es für den Zuschauer interessanter, weil beide ziemlich spektakuläre Parcours-Tricks präsentieren und das auch noch in einer Baustelle eines Wolkenkratzers. James fasst ihn schließlich, muss ihn aber eliminieren, zum Missfallen seiner Chefin M (Judy Dench), die ihn daraufhin vom Dienst suspendiert. Das macht aber nichts: Denn James reist - scheinbar auf eigenen Kosten? - in die Bahamas, wo er einen weiteren Mittelsmann Le Chiffres identifiziert hat.

Um mehr über ihn zu erfahren, schleicht sich James ins feine Club-Haus, in dem ein großes Thema des Films zum ersten mal auftaucht: Poker. Die beiden Herren liefern sich ein packendes Duell, bei dem James letztlich den Wagen von Herrn Dimitros gewinnt (dessen Frau hat er schon vorher näher kennengelernt). Dimitros flüchtet nach Miami, James reist natürlich schleunigst hinterher. Dort, auf einer "Körperwelten"-Ausstellung (WTF?!), erledigt Bond den Übeltäter, erfährt aber, dass ein Anschlag auf ein Flugzeug-Prototyp stattfinden soll. Le Chiffre hat enorm viele Aktien so gekauft (natürlich mit dem Geld des Offiziers), dass er plötzlich stinkreich wird, sollte sein Vorhaben funktionieren. Aber er hat die Rechnung ohne James Bond gemacht, der zackig über das Rollfeld rennt, um die Katastrophe zu verhindern...

Ihr habt es euch schon gedacht: Ohne, dass ich jetzt weltbewegende SPOILER präsentiere, aber James verhindert die Explosion in letzter Sekunde und Le Chiffre ist von nun an in einer äußerst misslichen Lage. Er muss sein verlorenes Geld wiedergewinnen, sonst ist er einen Kopf kürzer, der Offizier hat seine Machete schon gewetzt. Also macht sich der schmierige Aktienhändler und gleichzeitig Poker-Experte, auf nach Montenegro (exotische Schauplätze gibt es immer bei Bond), um an einem exklusiven Poker-Turnier teilzunehmen, um das verlorene Geld wieder einzuspielen. James folgt ihm natürlich, diesmal mit einer weiteren Agentin des MI5 im Schlepptau, die ihn etwas unter Kontrolle bringen soll: Vesper Lynd (Eva Green).

Die Story ist mit mindestens zwei Handlungssträngen zu überladen, aber bietet genug Spielraum für ausreichend Actionszenen, gewohnten flotten Sprüchen und einer überraschender Prise Emotionen, welche durch die enge Zusammenarbeit von James mit Vesper entsteht. Dem Zuschauer wird viel geboten, der Film hat eine Spielzeit von über zwei Stunden (!). Die letzte Sequenz in Venedig hätte man um einen Großteil kürzen können, denn dort wird sehr viel Fahrt aus der ansonsten flotten Handlung genommen.

Die Schauspieler machen ihren Job ausgezeichnet, allen voran Daniel Craig als drahtigen, Jason-Bourne-ähnlichen Bond, der lieber seine Fäuste, als seine Waffen einsetzt (in den Nachfolgern ändert sich das, aber darauf werde ich in meiner Kritik zu "Skyfall" näher drauf eingehen). Der Weg hin zum Realismus tut der Franchise gut, es wurden unter Pierce Brosnan zwar auch flotte Action und Sprüche geboten, aber es ging steil in Richtung des Lächerlichen (unsichtbares Auto...). Technisch ist "Casino Royale" über alle Zweifel erhaben. Der Score wird immer wieder in temporeiche Szenen eingebaut, die Kameraperspektiven sind aufregend gestaltet, genauso wie die exotischen, abwechslungsreichen Handlungsorte. Mads Mikkelsen als Bösewicht macht seine Sache sehr überzeugend, er verzieht keine Miene, als er auf James trifft und bleibt in seiner gierigen Art unnahbar, genauso wie es sein muss.

Ein sehr guter Neuanfang der James-Bond-Franchise. Ich persönlich mag den letzten Teil "Skyfall" noch lieber, er ist noch realistischer geraten. Hier nimmt der Poker-Wahn ein wenig die Überhand, aber wenn man darüber hinweg sehen kann, dann wird man hier über zwei Stunden lang erstklassig unterhalten.

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